05.02.2013 Aufrufe

theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

ist bereits unterwegs.<br />

Er wird in deinem Bett schlafen,<br />

er wird mit dem Buch, <strong>des</strong>sen Sprache er nicht versteht,<br />

am Morgen den Ofen anheizen.<br />

Es ist besser, ihm nicht zu begegnen.<br />

Blick dich nicht um, lösch die Lampe aus, verlaß das Zimmer.<br />

Es gehört nicht mehr dir.<br />

Du wirst durch die Tür, durch die du gehst,<br />

nie wieder eintreten.<br />

http://www.mediaculture-<strong>online</strong>.de<br />

Hoerschelmann ist – das beweist die Ergriffenheit, die aus dem Gedicht spricht – bei der<br />

neuen Beschäftigung mit dem Stoff noch einmal auf den metaphorischen Kern <strong>seiner</strong><br />

Geschichte gestoßen, aus dem sie sich vor Jahren in ihm gebildet hatte. Er war damals<br />

keineswegs nur von dem einen Bedürfnis ausgegangen, ein Schicksal zwischen Juden<br />

<strong>und</strong> Deutschen darzustellen, wie es viele Autoren taten, sondern das Leben der<br />

Verfolgten, der Flüchtenden, der dem Tode ausgelieferten Umhergetriebenen, der für<br />

immer Heimatlosen wurde ihm plötzlich zum Gleichnis für das Leben <strong>des</strong> Menschen<br />

schlechthin, er spürte auf einmal jenes »Das bist du«. Und so begriff er von innen her –<br />

lyrisch –, was es bedeutet, daß dies Menschen den Menschen zufügten.<br />

Der Vorgang wiederholte sich ähnlich ein Jahr später bei Eich mit den Mädchen aus<br />

Viterbo, wo es freilich um ein Problem geht, das Menschenkraft noch weit mehr<br />

übersteigt: um das Sich-Abfinden mit der Sinnlosigkeit <strong>des</strong> persönlichen Leidens <strong>und</strong><br />

Sterbens. Daß beide Hörspiele das unvorstellbare Morden, das erst vor wenigen Jahren in<br />

Deutschland geschehen war, nicht direkt, in <strong>seiner</strong> nackten millionenfachen Wirklichkeit<br />

zeigen, sondern an einem einzelnen Schicksal <strong>und</strong> zum Gleichnis erhöht, mag denen, die<br />

vor allem die Realität <strong>des</strong> Gräßlichen ins allgemeine Bewußtsein heben wollen, vielleicht<br />

als Nachteil erscheinen, doch verlangen sie dann mehr – <strong>und</strong> weniger –, als Kunst geben<br />

265

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!