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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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Aufgeben kann Cäsar die Macht nicht mehr: »Lebend kann ich die Höhe nicht verlassen,<br />

in der ich jetzt atme. Soll ich mich freiwillig in Knechtschaft begeben?« Andererseits, was<br />

will er mit dem Königsthron? Er fürchtet die Zeit, die er »auf ihm ausharren muß, wenn<br />

nicht mehr zu tun ist, als das Zeremoniell zu beachten«. Soll er »das Verbrechen suchen,<br />

weil es das einzige ist, was noch wie eine Tat aussieht«? Und so beschließt er, um den<br />

Preis eines ungeheuren Verbrechens, das aber nicht er begeht, sondern das an ihm<br />

begangen wird, eine der großen Erschütterungen herbeizuführen, durch die die Welt von<br />

Säkulum zu Säkulum sich erneuert. Hellsichtig begibt er sich in den Senat, um durch<br />

Brutus zu sterben, von dem er weiß, daß er sein leiblicher Sohn ist. Noch am Abend<br />

vorher hatte er das auch dem Jüngling (in Kenntnis seines Mordplans) eröffnet, hatte ihm<br />

seine Macht <strong>und</strong> sein Reich angeboten. Doch fand er nicht auch den geistigen Sohn in<br />

ihm: Brutus wollte nicht begreifen, daß Macht wie etwas Lebendiges, Eigenwilliges ist <strong>und</strong><br />

daß man ihre Gefahr nicht einfach aus der Welt schafft, indem man sie naivpuritanisch<br />

verneint.<br />

Es ist aufregend <strong>und</strong> tröstlich zu sehen, wie das Problem um Schrecknis <strong>und</strong><br />

Notwendigkeit der Macht seit Schillers Don Carlos noch keineswegs zur Ruhe gekommen<br />

ist. Im Protestantismus wird es analysiert, aber im Katholizismus wird es praktiziert. Da<br />

gibt es dann die Begegnung mit einem »Es« freilich nicht: im ges<strong>und</strong>en <strong>und</strong> manchmal<br />

vielleicht auch im fragwürdigen Sinne untheoretisch wird alle Problematik am Ende immer<br />

wieder auf eine Auseinandersetzung zwischen Menschen zurückgeführt. Und ich meine,<br />

die Tatsache, daß Böll bisher trotz <strong>seiner</strong> Bedeutung als Schriftsteller zur Hörspielform<br />

noch kein endgültiges Verhältnis gef<strong>und</strong>en hat, ist daraus zu erklären: ihm fehlt die<br />

lyrische Möglichkeit. Wickert hat im Vorwort zu <strong>seiner</strong> Hörspielsammlung Cäsar <strong>und</strong> der<br />

Phönix, wie fast alle Theoretiker vor ihm, noch einmal formuliert, daß es um die »innere<br />

Bühne«, um innere Vorgänge geht. Sowie es sich aber um die Auseinandersetzung<br />

zwischen Menschen handelt, befinden wir uns im realistischen dramatischen oder<br />

epischen Bezirk.<br />

Böll veröffentlichte in seinem weitverbreiteten Band Erzählungen, Hörspiele, Aufsätze<br />

sechs Hörspieltexte. Doch muß ich gestehen, daß ich mit <strong>seiner</strong> Auswahl nicht ganz<br />

einverstanden bin. Er hat drei wichtigere Arbeiten zugunsten einiger weniger gelungener<br />

nicht aufgenommen. Sein frühes Hörspiel Ich begegne meiner Frau, das gleichzeitig mit<br />

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