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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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wenigstens in Hinsicht auf die Raumwirkung – nur wenig bereichern. Sie bereichern ja –<br />

in dieser Hinsicht – auch die Musikwiedergabe kaum. Eine vollständig andere Sache <strong>und</strong><br />

unbestritten ist, daß die Stereophonie die akustische »Anschauung«, die akustische<br />

»Durchsichtigkeit«, sehr viel klarer macht <strong>und</strong> die Darstellung polyphonen Reichtums sehr<br />

viel überschaubarer. Eine vielstimmige Bachmotette wie Singet dem Herrn oder die<br />

großen Chorsätze der oratorischen Werke Händels <strong>und</strong> Bachs ergeben monaural<br />

manchmal nur ein verworrenes Tongebrause, das sich aber, zweikanalig aufgenommen,<br />

völlig entwirren <strong>und</strong> absolut deutlich wiedergeben läßt. Ähnliche Möglichkeiten könnte der<br />

Stereoklang natürlich auch bei vielstimmigen Hörspielen schaffen. Sowie aber der<br />

Versuch stereophoner Raumrealisierung unternommen wird, wird im Hörspiel etwas<br />

aufgegeben, was bisher sein eigentliches Wesen ausmacht. Ich vermute <strong>des</strong>halb, daß<br />

das Hörspiel im gewiß eines Tages verwirklichten Stereo-R<strong>und</strong>funk Raumeffekte – außer<br />

wenn sie grotesk-komische Wirkung beabsichtigen – möglichst vermeiden wird <strong>und</strong> den<br />

technischen Gewinn allein zur Erhöhung der Stimmfarbigkeit <strong>und</strong> -durchsichtigkeit<br />

benutzt. Sonst würde nämlich jene akustische Synthese entfallen, die den Raum <strong>und</strong> alle<br />

seine Inhalte eindimensional, ja eigentlich sogar punktuell zusammenrafft, so daß jede<br />

körperliche Wirklichkeit an einem Punkte konzentriert <strong>und</strong> sozusagen mit der<br />

Phantasiewirklichkeit identisch wird.<br />

Die Bedeutung dieser »unräumlichen« Eigenschaft <strong>des</strong> Hörraums ist so entscheidend für<br />

die Kunstform, daß ich sie hier mit der Kennmarke einer vierten Definition versehen<br />

möchte: Raum im Hörspiel ist (wenn man von der Möglichkeit verschiedener<br />

»Entfernung«, allerdings eindimensional, in nur einer Richtung vom Mikrophon, absieht)<br />

nichts als eine Akzidenz, eine Farbe, die dem Wort oder den Tönen aufgeprägt wird <strong>und</strong><br />

die ihnen dann anhaftet. Deshalb kann man z. B. mehrere Töne in verschiedenen<br />

Räumen gleichzeitig erklingen lassen – oder die Raumfarbe an einer Stimme oder an<br />

einem Ton, während sie klingen, technisch in zweierlei Richtung (mehr Hall – weniger<br />

Hall) verändern, ohne daß die Stimme sich fortbewegt.<br />

Daß die Raumfarbe, die dem Hörbaren auf diese Weise anhaftet, infolge der<br />

Realitätserfahrung, die die Hörer mitbringen, auch zwei mögliche reale<br />

Raumassoziationen bewirken kann – einmal großen, leeren, kleinen oder verstopften<br />

Raum <strong>und</strong> das andere Mal weit weg oder nahe daran –, ändert nichts am bloßen<br />

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