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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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Terminkalender (1952) formt eine Feature-Idee mit Hörspiel<strong>mittel</strong>n, Ernst Schnabel in Ein<br />

Tag wie morgen (1950) eine ursprünglich poetische Idee als Querschnitt durch Tausende<br />

von Briefberichten über den Ablauf eines Tages. Die Beispiele wären beliebig zu<br />

vermehren. Daß die Unterscheidung nur von Fall zu Fall möglich ist, kann als Beweis<br />

chaotischer Unordnung, aber auch als Beweis formalen Reichtums angesehen werden.<br />

Auch Formen bilden sich wohl nur dann neu, wenn die alten zerfallen. So mag die<br />

verführerische Mittelstellung <strong>des</strong> Hörspiels zwischen allen Gattungen zu verstehen sein:<br />

es zehrt von einem Leben, das anderwärts aufgegeben wird.<br />

Doch um zu der Frage zurückzukehren, warum vom Instrument R<strong>und</strong>funk, in dem sich der<br />

epische Erzählstil immer wieder als durchaus wirkungsvoll erweist, dennoch auf diesem<br />

Gebiet keine schöpferische Anregung ausgegangen ist: Schiller hat in jenem Briefwechsel<br />

festgestellt, daß »Rhapsoden <strong>und</strong> eine Welt für sie« nicht mehr existieren. Auch der<br />

Rezitator im Vortragssaal <strong>des</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> die heutigen Stars mit ihren<br />

literarischen Sonntagsmatineen konnten, trotz ihres Publikums aus folgsamen<br />

Bildungsbürgern, eine solche Welt nicht wieder begründen. Der R<strong>und</strong>funk kann zwar auch<br />

als eine Art Po<strong>des</strong>t, ein riesiges Po<strong>des</strong>t für den Barden, in Funktion treten, als<br />

Kontaktstelle, als Treffpunkt, als öffentlicher Platz, an dem ein Erzähler immer mehr<br />

zufällig Vorübergehende um sich versammeln kann (was er ja stets auch tat, wenn ein<br />

wirklicher Erzähler sich fand); aber etwas formal Neues hatten die R<strong>und</strong>funktechnik <strong>und</strong><br />

die durch sie geschaffene Verbreitungsmöglichkeit zu der alten epischen Form nicht<br />

hinzuzutun, neue Impulse konnten sie nicht bringen. Der R<strong>und</strong>funk blieb in diesem Fall<br />

nur Vermittler, Übertrager, Sprachrohr, kein Former.<br />

Und hier ist der Punkt, an dem sich zum ersten Mal eine Definition für das Hörspiel ergibt.<br />

Es muß klargemacht werden, was es bedeutet, wenn der R<strong>und</strong>funk, die R<strong>und</strong>funktechnik<br />

als solche, selbst formt, d. h. zur unentbehrlichen Gr<strong>und</strong>lage für neue Formschöpfung<br />

wird. Helmut Jedele hat in einer sorgfältigen Dissertation die verschiedenen Typen von<br />

R<strong>und</strong>funksendungen unter diesem Gesichtspunkt untersucht <strong>und</strong> die Frage gestellt, ob in<br />

ihnen der R<strong>und</strong>funk etwas Originales, ohne ihn nicht Existieren<strong>des</strong> hervorbringt, also<br />

»produktiv« ist, oder ob er nur etwas schon vor <strong>und</strong> außer ihm Vorhandenes<br />

»reproduziert«.<br />

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