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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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Dokumentationen zu den aufregendsten Hinterlassenschaften jener Tage gehören:<br />

fünf<strong>und</strong>dreißigtausend <strong>und</strong> achtzigtausend Schicksale liegen auf Magnetband im<br />

Hamburger Schallarchiv.<br />

Ein anderer zufälliger Vorgang ist vollständig vergessen, ist selbst damals nur wenig<br />

bekannt geworden <strong>und</strong> ist doch in jeder Hinsicht kennzeichnend für jene Zeit:<br />

Im Herbst 1951 wurde im »Bayerischen R<strong>und</strong>funk« während eines außerordentlich<br />

schwierigen <strong>und</strong> anspruchsvollen »Hörspiels«, eines Versdramas von Henry von Heiseler,<br />

nach etwa dreißig Minuten Spieldauer die Sendung mitten in der Szene unterbrochen. Der<br />

Nachrichtensprecher sagte einen Notruf durch: ein Mensch war in Lebensgefahr, in der<br />

Chirurgischen Klinik wurde dringend ein Blutspender der Gruppe Null gesucht, da<br />

Blutkonserven fehlten. Man fügte hinzu, daß es sich um Minuten handle, wenn noch<br />

Hoffnung auf Rettung sein sollte, daß also Meldungen von außerhalb der Stadt München<br />

sinnlos seien.<br />

In der ersten Viertelst<strong>und</strong>e fanden sich 103 Menschen in der Klinik ein, nach einer<br />

Dreiviertelst<strong>und</strong>e waren es 298 geworden. Inzwischen hatte man aber, als das Hörspiel<br />

zuende gelaufen war, durchgesagt, es möge sich niemand weiter bemühen, man sei<br />

versorgt.<br />

Zwei Kalkulationen liegen nahe. Erstens: ob man auch heute, nach zehn Jahren, für einen<br />

solchen Notfall noch ein laufen<strong>des</strong> Hörspielband bei der Sendung stoppen würde?<br />

Zweitens: ob man aus der Zahl der Meldungen in der Klinik nicht annähernd errechnen<br />

kann, wieviel Hörer in München – <strong>und</strong> entsprechend in Bayern – dem Heiseler-Drama<br />

gelauscht haben? Da bei einem Stück dieser Art wohl niemand imstande sein dürfte,<br />

seinen Empfänger ohne zuzuhören bloß mitlaufen zu lassen – schon der Rhythmus der<br />

Jamben würde ausreichen, einen Unaufmerksamen zur Raserei zu treiben –, muß es sich<br />

um aufmerksame Zuhörer gehandelt haben.<br />

Von tausend Menschen sind nach medizinischer Erfahrung etwa 390 Angehörige der<br />

Blutgruppe Null. Wie Experimente erwiesen haben, kennt nur knapp ein Zehntel aller, also<br />

auf tausend nur neun<strong>und</strong>dreißig der Nullblutgruppe, seine Blutgruppenzugehörigkeit.<br />

Davon ist – sagen wir – allerhöchstens ein Viertel, sind also r<strong>und</strong> zehn Menschen auf der<br />

Stelle bereit <strong>und</strong> in der Lage, sich sofort zum Blutspenden in die Klinik zu begeben. Da<br />

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