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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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Man könnte eher der Meinung sein, daß unsere Zeit, statt der optimistischen der<br />

zwanziger Jahre, derjenigen vor dem ersten Weltkrieg ähnelt, in der die jung<br />

dahingegangenen Dichter gleichfalls stets um die Drohung von Tod <strong>und</strong> Untergang<br />

wußten. Auch formal <strong>und</strong> sprachlich könnte Weyrauchs Methode, expressive<br />

Hörspielgedichte, Hörspielballaden, chorische Hörspiele zu schreiben, auf jene frühen<br />

Expressionisten zurückgeführt werden. Doch auch deren Glauben, den Glauben an das<br />

Menschliche im Menschen, können wir ja nicht mehr vorbehaltlos teilen. Wir müssen<br />

einen neuen Weg suchen. Weyrauch ist zur Zeit wohl der einzige, der dabei nicht nur an<br />

den Einzelnen, sondern immer auch an die Gruppe, an alle denkt, für die der Einzelne<br />

einstehen muß.<br />

Im Gegensatz dazu ist das Thema derjenigen Autoren, die es mit Psychologie im Hörspiel<br />

versuchen, gerade die Ahnungslosigkeit <strong>des</strong> Menschen über sich selbst, seine<br />

Kontaktlosigkeit, Vereinzelung, Einsamkeit. Als erster wäre hier ein Mann zu nennen, der<br />

noch der Schule der großen Romanciers entstammt, die am Anfang unseres Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

die Tradition <strong>des</strong> vorigen weiterführten: Joachim Maass. Er hat allerdings nur ein Hörspiel<br />

geschrieben, das Zweipersonenstück Schwarzer Nebel, das eine (freilich auf eine Sitzung<br />

zusammengedrängte) psychoanalytische Behandlung darstellt. Die Spannung wird<br />

erzeugt, indem, wie bei einem Kriminalspiel, der Anstifter zu einer makabren Erpressung<br />

gesucht wird, wobei sich dann herausstellt, daß Erpresser <strong>und</strong> Erpreßter identisch sind.<br />

Eine Anzahl von jüngeren Hörspielautoren setzt die tiefenpsychologische Tradition<br />

(freilich keiner so streng im Sinne Freuds) fort. Am genauesten Wolfgang Graetz in<br />

seinem – neben Urlaub aus Burstadt – bisher homogensten Hörspiel Der große Bruder. In<br />

ihm wird die Abhängigkeit vom Erfolgreichen aus der Perspektive <strong>des</strong> Unterlegenen<br />

gesehen – wobei Weyrauch aber wohl recht hat, wenn er schreibt, daß Graetz’ Helden<br />

»exempla der Passivität« sind <strong>und</strong> sich nur auflehnen, um »in ihre Laufgitter<br />

zurückzukehren«. – Einen ähnlichen psychologischen Hintergr<strong>und</strong>, freilich mit größerer<br />

sprachlicher Fülle, gibt Heinz Piontek seinem ersten Hörspiel Der weiße Panther (61),<br />

einer modernen Penthesilea-Geschichte, die 1945 zwischen einer deutschen Adligen <strong>und</strong><br />

einem russischen Offizier spielt, dem Mann den Tod einbringt, die Frau in geistige<br />

Verwirrung fallen läßt. – Ruth Rehmann stellt in Ein ruhiges Haus (59) die manische Angst<br />

einer jungen Frau vor der alles gleichmachenden Alltagstrivialität dar. Und Richard Hey<br />

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