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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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Textveränderung »funkisch gestalten«. Da nämlich, wo in der Erzählung hinter einem<br />

Doppelpunkt eine direkte Rede anhob, wurde das episch-flächige Bild einfach plastisch<br />

gemacht, <strong>und</strong> die Stimme <strong>des</strong>sen, von dem erzählt wurde, <strong>und</strong> der eigentlich nur im<br />

Imperfekt (also überhaupt nicht) da war, wurde überraschend präsent. Es war wie in<br />

gewissen barocken Deckengemälden, wo aus der Fläche, aus Himmelblau <strong>und</strong> Wolken,<br />

aus denen perspektivisch verkürzte himmlische Heerscharen herabblicken, plötzlich ein<br />

einzelnes Bein leibhaft <strong>und</strong> greifbar nach unten herausragt; man kann glauben, sich daran<br />

in den Bereich der Seligen hinaufhangeln zu können.<br />

So wurde gar Goethes Novelle zum Hörspiel; was als klassisches Beispiel eines ganz<br />

bestimmten Typus <strong>und</strong> recht eigentlich um der Demonstration reiner Form willen von einer<br />

Autorität erf<strong>und</strong>en worden war, konnte, ohne daß eine literarische Polizei eingriff, zu<br />

einem ganz anderen Typus umgebogen <strong>und</strong> – um eine Wortprägung aus verwandter<br />

Gesinnung zu gebrauchen – »zweckentfremdet« werden. Selbst ein so bedeutender<br />

Lyriker <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funkintendant wie Friedrich Bischoff ließ sich von dieser<br />

»Doppelpunktdramatik« verwirren, selbst ein so großer Regisseur wie Max Ophüls gab<br />

sich dafür her. Besonderer Scherz <strong>des</strong> Regisseurs: an der Stelle, wo die einsam<br />

zurückgelassene Fürstin dem davonreitenden Jagdzug mit dem Teleskop nachblickt, wird<br />

die Vortrefflichkeit <strong>des</strong> Okulars dadurch angedeutet, daß man plötzlich das zuvor schon<br />

entrückte, kilometerferne Pferdegetrapp wieder so nahe wie un<strong>mittel</strong>bar vor der Haustür<br />

hört.<br />

Böswillige hätten es leicht, zu behaupten, daß durch solche <strong>und</strong> andere Chimären<br />

schließlich alle im Wortprogramm <strong>des</strong> R<strong>und</strong>funks neu entstandenen Formen<br />

kompromittiert seien. Verdächtig sind sie auf jeden Fall geworden, wie sie sich auch<br />

immer nennen: Hörfolge, Hörbild, Hörfilm, Querschnitt, Feature – bis hin zum Hörspiel.<br />

Alle die niemals klar definierten <strong>und</strong> voneinander abgegrenzten Begriffe werden<br />

promiscue gebraucht, in allen stecken Zusammenfügungen von Textgattungen, die<br />

ursprünglich inkomponibel erschienen, Hörspiel<strong>mittel</strong> – gemischt mit konventionellen<br />

literarischen Formen oder gar mit Berichtformen bis hin zur Funkreportage.<br />

Aber vielleicht sind die Mittel <strong>des</strong> Hörspiels auch an sich so vielfältig, daß nach allen<br />

Seiten Übergänge möglich sind? Walter Erich Schäfers Malmgreen (1929) ist ein Feature,<br />

das sich zuletzt unversehens in ein Hörspiel verwandelt, Max G<strong>und</strong>ermann im<br />

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