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theorie des hörspiels und seiner mittel - Mediaculture online

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buchstäblich hört. Diesem Vorgang allerdings sind wir passiv ausgeliefert, ihm steht jeder<br />

isoliert <strong>und</strong> für sich allein gegenüber.<br />

Jens gibt in seinem kleinen Buch zwei bedeutende Hinweise, die uns an dieser Stelle<br />

weiter- <strong>und</strong> aus der scheinbar nur negativen Einsicht herausführen. Der eine: Albert<br />

Camus’ Wortspiel mit solitaire <strong>und</strong> solidaire in <strong>seiner</strong> Novelle Jonas. Der andere: eine<br />

Überlegung am Beispiel eines Brecht-Gedichts, das die Grenzen der Sprache deutlich<br />

macht, wenn man von ihr, statt – konkret – Bild, Vorgang <strong>und</strong> Beschreibung, plötzlich<br />

Theorie, Ideologie oder Weltanschauung verlangt.<br />

Wie es scheint, wird in der Hörspielentwicklung – <strong>und</strong> zwar gerade bei den Jüngeren – ein<br />

Schritt getan, der sich bei Eich noch nicht andeutet. Aus der Erfahrung der Vereinzelung<br />

<strong>des</strong> heutigen Menschen wächst die Erkenntnis, daß wir darin ja alle ein gemeinsames<br />

Schicksal haben <strong>und</strong> daß es also eine Solidarität der Isolation gibt. Das hatte in Ingeborg<br />

Bachmanns Inselhörspiel Zikaden schon angeklungen – noch ungleich viel stärker <strong>und</strong><br />

geradezu wie in einem akustischen Modell bei Peter Hirche in der Seltsamsten<br />

Liebesgeschichte der Welt, wo eine Männer- <strong>und</strong> eine Frauenstimme aus raumzeitlicher<br />

Entfernung <strong>und</strong> ohne reales Zusammentreffen – nur als Wunsch <strong>und</strong> Hoffnung – in einem<br />

Dialog beieinander sind.<br />

Ein solches Begegnen der vereinsamten Stimmen auf der Durchreise durch Zeit <strong>und</strong><br />

Raum geschieht ja im Modell der radiophonischen Situation schlechthin bei der<br />

Begegnung Dichter – Hörer, Radio – Hörer, Sprecher – Hörer. Von daher aber gewinnt<br />

das Thema gerade für die Entfaltung im Hörspiel seine Verheißung. So hat sich schon<br />

eine ganze Reihe von Hörspielautoren damit befaßt – <strong>und</strong> zwar in den verschiedensten<br />

Varianten. Benno Meyer-Wehlack läßt in Versuchung zwei naive Anglerseelen am<br />

Kanalufer zwar real zusammentreffen, aber wichtiger ist dann der Phantasieweg, den sie<br />

in weniger als einer halben St<strong>und</strong>e durch ein halbes Leben miteinander gehen. Auch das<br />

Gespräch der fünf todkranken Patienten in Jan Rys’ 53 Schritten ist, als ob tastende<br />

Lichtbündel von Leuchttürmen sich im tiefen Dunkel immerfort suchen, anstrahlen,<br />

überschneiden, trennen. Von Rudolf Dannenbergs Bürosituation in Montagfrüh oder von<br />

der Begegnung der beiden alten Boxer in C. Casparis Zweikampf, ja, auch von<br />

Hil<strong>des</strong>heimers Unter der Erde <strong>und</strong> vom jüngeren Auslandshörspiel – unter den<br />

jugoslawischen Stücken etwa von Radomir Konstantinovi s Eurydike – wäre genau das<br />

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