Jahresbericht 2004 - Deutsches Studentenwerk
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Bericht des Präsidenten<br />
Studiengebühren<br />
oder Studienbeiträge<br />
206<br />
Wir fordern deshalb die Bundesregierung, den Deutschen Bundestag<br />
und den Bundesrat auf, noch in dieser Legislaturperiode eine sozial<br />
gerechte individuelle Studienfinanzierung zu realisieren. Wir haben<br />
dazu Anforderungen formuliert, Sie finden diese in der Beschlussvorlage<br />
vier. Wir schlagen unter anderem vor, die Studienfinanzierung als<br />
Rechtsanspruch für Lebensunterhalt und Ausbildung auszugestalten<br />
und für die Bereitstellung der Mittel Bund und Länder gemeinsam in<br />
die Verantwortung zu nehmen. Auch soll die Hälfte der Studienfinanzierung<br />
nicht als Darlehen, sondern als Zuschuss gewährt werden.<br />
Wer über Studiengebühren oder Studienbeiträge spricht – oder diese<br />
sogar plant oder deren Einführung sogar vorbereitet – muss wissen,<br />
dass er damit die Studienkosten erheblich erhöht. Die 17. Sozialerhebung<br />
zeigt, dass Eltern schon jetzt einen wesentlichen Anteil der Ausbildungskosten<br />
tragen und die studentische Erwerbstätigenquote<br />
bereits jetzt sehr hoch ist. Bei Zunahme der finanziellen Belastung<br />
wäre vor allem bei Studieninteressierten der unteren und – das ist zu<br />
befürchten – ganz besonders auch der mittleren Herkunftsgruppe ein<br />
Studienverzicht nicht auszuschließen. Und das hieße weitere soziale<br />
Selektion – also gerade das Gegenteil von dem, was dieses Land<br />
braucht!<br />
Von einem Stipendiensystem schließlich, wie es in vielen Modellen als<br />
Voraussetzung für Studiengebühren immer wieder auftaucht, sind wir<br />
in Deutschland meilenweit entfernt. Nur gerade 2 % der rd. zwei Mio.<br />
Studierenden geben an, sich unter anderem mit Stipendien zu finanzieren.<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
es ist müßig zu spekulieren, wie das Bundesverfassungsgericht in der<br />
Frage entscheiden wird. An dieser Kaffeesatzleserei will ich mich nicht<br />
beteiligen. Das Bundesverfassungsgericht hat bei seiner Anhörung<br />
zum Thema Studiengebühren am 9. November darauf verzichtet, die<br />
Sachverständigen, zu denen das DSW zählte, überhaupt zu hören. Es<br />
reizt mich, auch dieses zu kommentieren. Aber es mag für sich sprechen<br />
...! Lassen Sie mich hier nur eines sagen: In einer Zeit, in der wir<br />
von „Bologna“ reden, ist für mich ein Rückfall in die Kleinstaaterei,<br />
das heißt: in die Alleinzuständigkeit der Länder für die Lebens- und<br />
Studienbedingungen, kaum vorstellbar! Aber nun ja, Sie kennen die<br />
unterschiedlichen Positionen, die unterschiedlichen Modelle, die gerade<br />
in den letzten Monaten präsentiert wurden. Manche gehen an der<br />
Realität so krass vorbei, dass ich mit Karl Kraus ausrufen möchte:<br />
„Herr, vergib ihnen, denn sie wissen, was sie tun.“