GESCHICHTE

534 Drittes Bach. Fittiftes Kapitel.
Nahieh unter jener des Muktars fiir deren jede einer, zwei
oder mehr, nach der Anzahl der vertretenen Religionen , der
dem M air e des zweiten Kaiserreichs entspricht. Jeder dieser
Beamten hat neben sich einen Lenker der Justiz, der Finanzen
und des Unterrichts, der öffentlichen Arbeiten, der Landwirtschaft
und des Handels, oftmals auch der Beziehungen zu den
Konsuln, wie auch einen Fiihrer der militärischen Intendanz, einen
Muhassibedschi. Die alten Tribunale der Kadis sind den Klägern
wie friiher zugänglich und finden immer Beschäftigung,
daneben werden: fiir die Kasa ein Laiengericht mit erwählten
Mitgliedern gebildet, wovon die Hälfte aus Nichtmoslems bestehen
kann, dessen Vorsitz aber der Kadi fiihrt; ftir das Sandschak ein
Zivilgericht, das auch Strafsentenzen aussprechen kann, und ein
Handelsgericht; ftir das Wilajet endlich drei verschiedene obere
Tribunale europäischen Rechts. 1868 wurde auch ein Kassationshof
eingesetzt; 1875 werden dann Mafsregeln getroffen, um die freie
Wahl der Richter zu sichern. 1876 durften auch die Mitglieder
der Mekkemeh-i-Nisamijeb, die auch als Kriminalrichter fungierten,
nicht nur jene der religiösen Tscheri, erwählt werden; zu
Dorfrichtern wurden die Ältesten eingesetzt1). Der Landtag der
Provinz, zu dem jeder Sandschaksrat vier Personen abschicken
konnte , war auch, obgleich nutzlos, vorgesehen 2). Die den
Mutessarifs uud Muktars beigegebenen Wahlkomitees ftir die
Medschlis und Gerichte bestanden aus den obersten Beamten
und aus den religiösen Oberhä.uptern der Bevölkerung. Die
vier erwählten Mitglieder des betreffenden Provinzialrats (Medschlis)
werden vom Wali ernannt; er hat aber vor sich eine zweimal so
grofse Liste von Kandidaten, die ihm selbstverständlich aufser
fiir die Gemeinderä.te der Rat der untergeordneten Instanz durch
die Vermindenmg der Anzahl jener , welche durch die obenerwähnten
Wahlkomitees vorgestellt sind, vorbereitet hat 3). In
I) B ak er a. a. O. S. 371 ff.
Ober die Gerichtshdfe und die gemischten Tidscharets" far Handelssachen
siehe D nt e mp le, En Turqnie d'Asie, Paris 1883, S. 6o ff. ; V o ino v,
La Question macédonienne et les réformes en Turquie, Paris 1905, S. 97-98.
Vgl. Engelhardt a. a. O. I, S. 193 ff.; v on S a x a. a. O. S. 373 ff.;
Dumont a. a. O. S. 8off.; Baker a. a. O. S. 174-178.