GESCHICHTE

594 Drittes &Leh. Siebentes Kspitel.
Zarin erwählte erste Ftirst von Bulgarien, in die Landeshauptstadt
ein 1).
Rufsland zeigte sich iiber diese eigentiimliche Änderung des
Berliner Vertrags, die es selbst später ausfiihren wollte, höchst
aufgebracht, was dem neuen Herrn in Ostrumelien sogleich grofse
Sympathien in England verschaffte. Österreich hetzte die eifersiichtigen
Serben zum Kriege auf, die in Vidin einziehen zu können
glaubten. Auf dem Marsche nach Sofia, der bulgarischen Hauptstadt,
wurde aber der vor kurzem zum König ausgerufene Milan
durch die groíse Niederlage von Sliwnitza (17. bis 19. November)
aufgehalten. Nun nahm die benachbarte Monarchic die Besiegten
in ihren Schutz, und am 3. Mä.rz 1886 wurde der Friede
von Bukarest, wohin auch die Pforte ihren Vertreter schickte,
geschlossen, der nichts an den bestehenden Grenzen änderte.
Die Tiirkei hatte währenddessen unerwartet freundliche Gesinnungen
gegen den stark bedrohten Vasallenstaat bekundet;
sie zeigte sich bereit , mit demselben einen Defensivvertrag in
Europa zu schliefsen. Der Wesir Kiamil, dessen Minister des
Äufsem Said-Pascha war, gab sogleich der russischen Forderung,
den bulgarischen Fiirsten al s s o 1 ch en zum Gouverneur von
Ostrumelien zu ernennen und nach fiinf Jahren seine Stellung wieder
anzuerkennen , nach; er wollte auch das Organische Statut
einer freisinnigen Durchsicht unterwerfen lassen, das Recht, Besatzungen
zu halten, aufopfern und daftir nichts anderes als das
Pomakengebiet einziehen. Am 5. April 1886 hatten die Gesandten
in Konstantinopel diese Verabredung gutgeheifsen, und
schon begannen in Sofia die Verhandlungen iiber die neue Einrichtung
Siidbulgariens", als Fiirst Alexander , angeblich weil
er zu viel nachgegeben hatte , am 20. August von einer militärischen
Revolte entthront wurde.
Die Zeit bis zu dessen Riickkehr und jene nach seiner durch
ein barsches Telegramm des Zaren hervorgerufenen Abdankung,
die Wirren bis zur Erwählung des lange Jake von den Mächten
nicht anerkannten zweiten bulgarischen Fiirsten, Ferdinands von
Koburg, benutzte die Pforte, die sich mit der Bitte an Fiirst
I) Jiredek a. a. 0. S. 347 ff.