GESCHICHTE

Achtes Kapitel.
Die Revolution. Neue Zeiten und alte Sitten.
Die Bildung des eigentlich nur nominell lehenspflichtigen Bulgariens,
dessen Vereinigung mit Ostrumelien, die mazedonischen
unentwirrbaren Streitigkeiten, die Tätigkeit der griechischen Banden,
die fortwährende kretische Revolte, die keine Verbindung mehr
mit dem Reiche unangetastet liefs, die Gärung auf Samos, die
Träume der Armenier, ein freies Vaterland zu schaffen, die Anarchie
der Kurden in Asien und der Albanesen in Europa, der e inzig en
Elemente, auf die sich die Tiirkei stiitzen konnte
das Erwachen der arabischen Nationalität in politischer, nicht
mehr religiöser Form das alles bedeutete eigentlich den Zusammenbruch
dieses Staates, der noch auf einem grofsen Umfange
15 Millionen Einwohner hatte, die aber weder Rasse noch
Sprache und Kultur, weder Religion noch eine gemeinsame wirtschaftliche
Tätigkeit zusammenhielt. Diesen langsamen Ruin eines
Weltreiches , in dem das Alte unwiederbringlich verloren war
und das unfreiwillig aufgenommene Neue als untauglich Bich
erwiesen hatte 2), schien aber niemand von den Einwohnern
desselben zu beklagen. Die christlichen Volksteile waren ganz
und gar von ihren nationalen Idealen beseelt , und sie fanden
in der Fiirsorge fiir Kirche und Schule eine Tätigkeit,
i) Vgl. V a ndal a. a. O. S. 25.
2) Vgl. die betreffende iiufserang Vandals a. a. O. S. 23: La réforme
générale et volontaire de la Turquie, malgré les efforts d'hommes d'gtat ottomans
qui parfois ont fait honneur it leur pays, n'a jamais abouti et ne pent aboutir
qu'au néant." Auch die Aufserungen von Layard und Gos ch en 188i, bei Laveleye
a. a. O. I, S. 276.