GESCHICHTE

632 Drittes Bach. Achte3 Kapitel.
trotzenden mosleminischen Konzentration in Thrazien und Kleinasien
, mit dem syrischen und arabischen Anhängsel, hat die
konstitutionelle Tiirkei, die seit einem Jahrhundert das osmanische
Reich langsam ersetzt hat, zu wählen. Die parlamentarische
Regierungsweise, trotz ihrer Fehler, , wird immer mehr zu einer
Realität und ist dadurch unentbehrlich geworden; die Vergangenheit
ist gewifs fiir ewig dahin. Eine Nationalwirtschaft, auf erweiterter
Kultur begriindet, kann allein der Bevormundung des
Staates durch das westliche Kapital, das auch in der Ara der
Freiheit das Seinige beigesteuert hatte, ein Ende machen. Immer
weniger grofstuerische Illusionen, immer weniger Kampf um politische
Theorien, die auch im Westen im Absterben begriffen sind,
und dafiir desto mehr Erkenntnis der zu erreichenden Ziele, der
gegebenen Bedingungen, der von einem stärkeren Willen als
auch jenem der genialsten Politiker gesetzten Grenzen und
Schranken dies scheinen dem Geschichtschreiber des Osmanischen
Reiches die sichersten Bedingungen einer normalen
tiirkisch-mosleminischen Entwicklung zu sein. Jedenfalls ist das
Osmanentum" eine Erinnerung und eine gefahrbringende Erinnerung.
In dem von Griechen, Armeniern und Juden, wie auch
von den Nachfolgern der Renegaten des 16. und 17. Jahrhunderts
bis heute beherrschten Konstantinopel , wie auch in den
Dörfern Rumeliens, Mazedoniens 1) und Anatoliens 2) lebt ein
Volk, das seit einem halben Millennium von jeder Beteiligung an
dem Leben des durch die Tapferkeit seiner Vorfahren begriindeten
Staates den nun diese Bauern und armen Biirger seit
der Einfiihrung der Konskription beinahe ausschliefslich durch
einen militärischen, einer Sklaverei unter Waffen gleichstehenden
0ber die noch Konier" genannten ttirkischea Ansiedler der Gegend
siehe auch B ér ar d, La Macédoine, S. 18 19.
Vgl. die Bemerkungen Ch arm es' a. a. O. S. 205 ff. Ein neuer Romanschreiber,
Tewfik-F ikr et, hat den Typus des anatolischen Bauern in Hassan
im Kriege" vielleicht in der Art, wie Sienk ewicz, Der siegreiche Bartek",
den polnischen Bauer darstellt wiedergegeben. Ober das verdorbene christliche
Element in den Medschlis, ebenda S. 26o ff. Vgl. Wo rms, De la constitution
territoriale des pays masulmans, Paris 1842; S kene, Les trois époques
de Fhistoire ottomane, Paris 1851.