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Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

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Galina K. Schapolavola<br />

hypotaktische Struktur aus drei kurzen Teilsätzen, die nur eine Zeile einnehmen:<br />

HS + HS – NS. Kein Satz enthält mehr als zwei oder drei Satzglieder. Der nachgewiesene<br />

Typ ist als Erweiterungstyp vom Gr<strong>und</strong>typus HS – NS um einen<br />

Hauptsatz zu verstehen. An den Anfang des ersten Teilsatzes bzw. der Zeile stellt<br />

die Dichterin den prädikativen Teil des Prädikats Leib=eigen, thematisch den primären<br />

Bezugspunkt des Satzes. Durch die Versetzung des Aussagekerns an den Anfang<br />

des Satzes wird die Aufmerksamkeit für den Sinngehalt dieses Quartetts erhöht.<br />

Dieser Hauptsatz bildet eine konjunktionslose Parataxe mit dem folgenden<br />

Hauptsatz, der durch den Partikel so den Inhalt des vorangegangenen Hauptsatzes<br />

zusammenfasst <strong>und</strong> vom dem der durch wie eingeleitete Vergleichssatz abhängig<br />

ist. Um die Allgemeinheit der in diesem Satz festgestellten Erfahrung zum Ausdruck<br />

zu bringen, greift die Autorin in beiden Hauptsätzen zum Indefinitpronomen<br />

man. Der Duden bemerkt zu diesem Indefinitpronomen: „‘Man’ umfasst singularische<br />

<strong>und</strong> pluralische Vorstellungen <strong>und</strong> reicht von der Vertretung des eigenen<br />

Ich bis zu der gesamten Menschheit.“ (Duden 1995: 351) Dass hier eine „pluralistische<br />

Vorstellung“ nahe liegt, erweist das fehlende lyrische Ich. Die Allgemeinheit<br />

des Besprochenen bezeichnet auch das Demonstrativpronomen der mit reinem<br />

Hinweischarakter (Helbig/Buscha 2005: 209) in seiner variierten Wiederholung: der<br />

(Z. 1, 2), von dem (Z. 4), mit dem (Z. 14). Alle Sätze im Oktett haben eine erklärende<br />

Funktion.<br />

Aus der relativen Ruhe des Anfangs mit den umschlingenden Versen entwickelt<br />

sich im Terzett-Teil eine immer stringenter greifende, auf das Ziel hinstrebende<br />

Dynamik (Storz 1970: 131-135). Während die Dichterin im Oktett Aussagesatz<br />

an Aussagesatz reiht, lockert sie im ersten Terzett den Text durch einen Ausrufesatz<br />

<strong>und</strong> einen Fragesatz, die nur eine Zeile, die erste des Terzetts <strong>und</strong> somit<br />

des Sextetts, einnehmen. Zum einen markieren sie, am Anfang des Terzetts stehend,<br />

den Wendepunkt, zum anderen stellen sie einen pathetischen Höhepunkt dar<br />

<strong>und</strong> bringen Unruhe <strong>und</strong> dramatische Bewegung in das Gedicht. Nach W. Schneider<br />

unterbrechen die Fragesätze <strong>und</strong> Ausrufesätze meistens eine Reihe von Aussagen<br />

<strong>und</strong> beleben die Rede (Schneider 1959: 417). Der zweigliedrige Nominalsatz<br />

mit Ausrufefunktion O unersinnter Sinn! wird mit der Interjektion O eingeleitet, die<br />

mit ihrer Ausdrucksgewalt den Gr<strong>und</strong>ton des Sonetts anklingen läßt, bevor er<br />

durch Wort <strong>und</strong> Satz erklärt <strong>und</strong> begründet wird (Schneider 1959: 413). Dem Ausrufesatz<br />

folgt in dieser Zeile eine rhetorische Frage wer kan dich doch begreiffen?, auf<br />

die keine Antwort erwartet wird, weil sie nicht gegeben werden kann. Es ist eine<br />

offene Frage, die vorwärtstreibende Kraft hat <strong>und</strong> als Denkanstoß auftritt. Dem<br />

Ausrufe- <strong>und</strong> Fragesatz folgt in den nächsten zwei Zeilen thematisch eine Hypotaxe<br />

mit dem Attributsatz in postpositiver Stellung, der durch das Relativpronomen<br />

die auf das Substantiv Vernunfft im Hauptsatz bezogen ist. Das folgende Terzett<br />

erweitert die Aussage des ersten Terzetts <strong>und</strong> führt die abschließende Folgerung<br />

an. Es enthält zwei Hypotaxen. Die eine Hypotaxe verteilt sich auf zwei Zeilen,<br />

dem Hauptsatz schließt sich ein Attributsatz mit der unterordnenden Konjunktion<br />

dass an, der das Substantiv Will im übergeordneten Satz näher erläutert. Der

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