26.10.2012 Aufrufe

Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Kino/Filme <strong>und</strong> das Transnationale 185<br />

die überwiegend von Regisseuren der dritten oder vierten Generation realisiert<br />

werden <strong>und</strong> auf der persönlichen Erfahrung der Filmemacher beruhen, sich gleichsam<br />

zwischen zwei Kulturen zu befinden. Seeßlen grenzt das „Kino der doppelten<br />

Kulturen“ gegenüber einem diesem vorgängigen „Kino der Fremdheit“ ab, zu dem<br />

er Filme wie Helma Sanders’ Shirins Hochzeit (1975) oder Fassbinders Katzelmacher<br />

(1969) zählt. Analog zum „Kino der Fremdheit“ hat Rob Burns eine bestimmte<br />

Phase bzw. Ausprägungsform des deutsch-türkischen Films als „cinema of the<br />

affected“ bezeichnet, insofern es den ‚authentischen‘ Erfahrungsgehalt der so genannten<br />

Gastarbeiter <strong>und</strong> das Verlorensein zwischen den Kulturen akzentuiert <strong>und</strong><br />

sich etwa der Unterdrückung <strong>und</strong> dem Leiden türkischer Frauen in Deutschland<br />

widmet. Als Beispiele hierfür verweist er auf die Filme von Tevfik Başer 40 Quadratmeter<br />

Deutschland (1986) <strong>und</strong> Abschied vom falschen Paradies (1989) (Burns 2006).<br />

Während Rob Burns sein Konzept mit Blick auf deutsch-türkische Filme beschreibt,<br />

entwickeln Cameron Baily <strong>und</strong> Sarita Malik ihr strukturähnliches Konzept<br />

mit Bezug auf den britischen Kontext. Ursprünglich von Bailey entwickelt, meint<br />

der Begriff cinema of duty ein sozial engagiertes Kino mit einer dokumentarischen<br />

Ästhetik (Malik 2006). Wenngleich das cinema of duty, zu dem Filme wie Pressure<br />

(Horace Ové 1975) <strong>und</strong> Step Forward Youth (Meneleik Shabazz 1979) zählen, gewisse<br />

Ähnlichkeiten mit dem türkisch-deutschen cinema of the affected aufweist, etwa den<br />

Gestus des pflichtbewussten Problemfilms, reproduziert es jedoch nicht ethnisch-<br />

„rassische“ Stereotypen, sondern reagiert auf die hegemonialen Erzählweisen der<br />

Beziehung zwischen den ethnischen Gruppen <strong>und</strong> bietet zumindest alternative<br />

Sichtweisen auf die diasporische Erfahrung (Malik 2006: 204).<br />

Zu erwähnen wäre schließlich noch Will Higbees aktueller Ansatz des cinema of<br />

transvergence, welcher sich allerdings nicht nur als Alternative zu Konzepten des<br />

nationalen, sondern auch des transnationalen Kinos positioniert. Nach Higbee<br />

reflektiert ein<br />

cinema of transvergence [..] the desire of postcolonial theory to re-frame marginality by<br />

challenging hegemonic modes of thought and binary structures. It is „an engaged (politicized)<br />

site of resistance which foregro<strong>und</strong>s the experiences of the alienated marginal<br />

other (Novak’s allo-). Indeed, inherent in the idea of the rhizome is a deconstruction of<br />

the concept of centre and margin – exposing the fact that, ... centre and margin exist as<br />

little more than perceived or constructed identities and positionings to serve hegemony.“<br />

(Higbee 2007/Novak 2002)<br />

Die Liste von Einzelkonzepten, die eng mit dem Fokus auf Transnationalität assoziiert<br />

sind, ließe sich problemlos fortsetzen. Mit jedem neuen Konzept, das vorgeschlagen<br />

wird, ohne jedoch einen substantiell neuen theoretischen oder empirischen<br />

Gesichtspunkt einzuführen, sondern lediglich den Blickpunkt marginal verlagert,<br />

wird auch die Relevanz aller anderen bis dahin existierenden Ansätze in<br />

Mitleidenschaft gezogen. Vielleicht liegt eine Stärke des Begriffs „transnational cinema“<br />

schlicht darin, dass er sich eher als andere Konzepte als flexibler umbrella term<br />

für durchaus unterschiedliche Einzelperspektiven etabliert hat, nicht zuletzt, weil

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!