Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen
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Andreas Jahn-Sudmann<br />
sondern gehen über diese hinaus, <strong>und</strong> zwar als Konsequenz von Migrationsbewegungen<br />
<strong>und</strong> als Resultat eines zunehmend globalen Kommunikations- <strong>und</strong> Informationsflusses<br />
<strong>und</strong> ökonomischer Austauschprozesse.<br />
Das mit der Globalisierung einhergehende Phänomen Transkulturalität bedeutet<br />
jedoch im Sinne Welschs nicht, dass kulturelle Differenzen verschwinden oder<br />
kulturelle <strong>Vielfalt</strong> verloren geht, sondern nur, dass die Differenzen weniger zwischen<br />
klar unterscheidbaren Einzelkulturen zu identifizieren sind als vielmehr innerhalb<br />
von Kulturen, Gruppen oder einzelnen Subjekten.<br />
Im Unterschied zu Welsch ist das Konzept der Hybridität bei Bhabha vor allem<br />
durch die (poststrukturalistische) Perspektive einer durch Lacan, Foucault <strong>und</strong><br />
Derrida beeinflussten (post-)kolonialen Kritik bestimmt. Nach Bhabha bezeichnet<br />
Hybridität eine dem kolonialen Diskurs immanente Ambivalenz, die er zugleich<br />
zur Bedingung seiner Subversion erklärt:<br />
Wenn wir den Effekt kolonialer Macht in der Produktion von Hybridisierung sehen<br />
<strong>und</strong> nicht in der lauten Herrschaft kolonialer Autorität oder der stummen Verdrängung<br />
indigener Traditionen, findet ein wichtiger Perspektivwechsel statt. Er offenbart<br />
die Ambivalenz am Ursprung traditioneller Diskurse über Autorität <strong>und</strong> ermöglicht eine<br />
Form der Subversion, die in dieser Unsicherheit gründet <strong>und</strong> die diskursiven Zustände<br />
der Herrschaft in den Nährboden der Intervention verwandelt. (Bhabha 1994:<br />
112)<br />
Bhabhas Theorie rekurriert auf die Dynamiken eines ungleichen Kontaktes <strong>und</strong><br />
Austausches zwischen den Kulturen im kolonialen Kontext. Die Kolonisierten<br />
übernehmen Codes <strong>und</strong> Symbole der kolonisierenden Kultur <strong>und</strong> fügen sie in ihr<br />
eigenes Zeichensystem ein. Durch diesen Akt der Aneignung entsteht ein „hybrides<br />
Drittes“ bzw. ein „dritter Raum“, der weder der kolonisierten noch der kolonisierenden<br />
Kultur entspricht <strong>und</strong> auf diese Weise sich als Basis für die Subversion<br />
der kolonialen Kultur eignet. Ähnlich wie Welsch ist auch Bhabha daran interessiert,<br />
sich explizit vom Multikulturalismus abzugrenzen:<br />
Nur wenn die Theorie der Tatsache Rechnung trägt, daß schon der Ort der Äußerung<br />
in sich gespalten ist, kann eine internationale Kultur gedacht werden, die nicht auf dem<br />
Exotismus des Multikulturalismus oder der Diversität der Kulturen basiert, sondern<br />
auf der Einschreibung <strong>und</strong> Artikulation der Hybridität von Kultur. (Bhabha 1994: 38)<br />
Zur Wortgeschichte des Transnationalen<br />
Anders als man vielleicht angesichts seiner gegenwärtigen Prominenz vermuten<br />
könnte, ist der Begriff des Transnationalen keineswegs neu, sondern wurde bereits<br />
1916 durch den US-amerikanischen Kritiker Randolph Bourne geprägt. In seinem<br />
programmatisch überschriebenen Essay „Trans-National America“ wendet er sich,<br />
gespeist durch die Weltkriegserfahrungen, gegen das damals dominante Konzept