Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen
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Grigol Robakidse 161<br />
nach Halt durch eine Gemeinschaft in die Arme der totalitären Bewegung. Und<br />
solch ein Heimatloser <strong>und</strong> Einsamer – Grigol Robakidse – suchte seine zweite<br />
Heimat im Dritten Reich, als große deutsche Schriftsteller ihrerseits bald in die<br />
Emigration flüchten mussten. Den weit verzweigten <strong>und</strong> tiefen Wurzeln dieser<br />
Suche möchte ich in meiner Arbeit nachgehen.<br />
Beachtenswert ist in diesem Zusammenhang seine Bekanntschaft mit Stefan<br />
Zweig, der zum Schlangenhemd 1928 das Vorwort schrieb. Zehn Jahre später musste<br />
auch Zweig seine Heimat verlassen <strong>und</strong> ins Exil gehen. Schwärmerisch waren sie<br />
beide veranlagt, <strong>und</strong> so mag ihre Begeisterungsfähigkeit für die gelungene Ausdrucksform<br />
das verbindende Band gewesen sein. Im Vorwort zu Das Schlangenhemd<br />
betonte Stefan Zweig die betörende Wirkung der Lektüre:<br />
Jedes Blatt hat brennende, balladische Momente einer ganz fremdartigen Schönheit,<br />
<strong>und</strong> obwohl das Gefühl nicht deutlich zu unterscheiden vermag, wem es eigentlich<br />
diesen exotischen, wie Rosenöl <strong>und</strong> Haschisch betäubenden Duft zu danken hat, dem<br />
Dichter Robakidse oder Georgien selbst, so gibt es sich dem Neuartigen gefangen.<br />
(Robakidse 1928)<br />
Mit anderen Worten, Zweig konnte sich der Wirkung seiner sinnlich-ästhetischen<br />
<strong>Sprache</strong>, dieser Faszination durch das Lyrische, das auch von Robakidses Prosawerk<br />
ausgeht, nicht entziehen. Umso deutlicher scheint es auf in den großartigen<br />
Gedichten, die Robakidse auf Georgisch schrieb <strong>und</strong> die leider noch nicht in Übersetzungen<br />
vorliegen.<br />
Für georgische Forscher <strong>und</strong> Leser ist in Deutschland vorhandenes Material<br />
über Robakidse fast unbekannt. Um das Schaffen des kontroversen Autors zu<br />
bewerten, suchen wir seine Spuren überall – sowohl im Ausland, als auch in seiner<br />
Heimat. Für deutsche Leser können auch die Arbeiten eines deutsch schreibenden<br />
Schriftstellers aus Georgien interessant sein. Besonders dann, wenn im Mittelpunkt<br />
seines Schaffens Themen stehen wie z. B. die georgische Geschichte <strong>und</strong> asiatische<br />
Mythen, das Weltbild Georgiens, die Parallelen in Geschichte <strong>und</strong> Wesensart der<br />
Deutschen <strong>und</strong> Georgier, Sozialismus <strong>und</strong> Nationalsozialismus <strong>und</strong> wenn er Porträts<br />
der Führergestalten Hitler, Musolini <strong>und</strong> Stalin zeichnet.<br />
Die Frage drängt sich auf, warum das Werk von Robakidse in seiner sowie in<br />
unserer Gegenwart sowohl in Georgien als auch in Deutschland „unzeitgemäß“<br />
<strong>und</strong> zugleich „zeitgemäß“ ist. Überlegungen zu Nietzsche führen hier weiter.<br />
Robakidses ganzes Schaffen wurde nicht nur von der georgischen Mythologie,<br />
sondern auch von modernen philosophisch-literarischen Ansichten geprägt, darunter<br />
besonders dem Nietzscheanismus, <strong>und</strong> hier steht die Idee der ewigen Wiederkunft<br />
des Gleichen im Vordergr<strong>und</strong>. Nietzsche hatte mit seiner Lehre nachweislich<br />
eine besondere Bedeutung für Robakidse, der sich sein Leben lang auf ihn bezog.<br />
Der Begriff des „Zeitgemäßen“ erhält in Nietzsches Lehre eine besondere Bedeutung<br />
<strong>und</strong> wird zum Ziel seiner vehementen Kulturkritik als Kritik an der bestehenden<br />
Humanität. Diese Kritik Nietzsches umfasst alle Bereiche des Lebens <strong>und</strong>