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Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

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Andreas Jahn-Sudmann<br />

beanstandet darüber hinaus, dass „zumindest in der Geschichtswissenschaft der<br />

Begriff [häufig] ohne Definition <strong>und</strong> ohne einen expliziten methodischen Rahmen<br />

gebraucht wird. Deswegen läuft die Transnationale Geschichte Gefahr, zur Leerformel<br />

zu werden, zu einem Konzept ohne analytische Kraft <strong>und</strong> Präzision, ohne<br />

spezifizierende Eingrenzungen.“ (Patel 2004: 45) Auch in der Filmwissenschaft<br />

wird die Unschärfe des Begriffs bemängelt, wenn etwa Leon Hunt <strong>und</strong> Leung<br />

Wing-Fai konstatieren: „The word ‚transnational‘ is used more often than it is<br />

defined, and definitions remain abstract by nature“. (Vgl. Hunt/Wing-Fai 2008: 3)<br />

Abgrenzungen<br />

Die Problematik der Kategorie „transnational“ resultiert zum Teil aus der Vielzahl<br />

ähnlicher <strong>und</strong> konkurrierender Konzepte, die durch die Verwendung des Begriffs<br />

aufgerufen werden. Damit sind zunächst jene gemeint, bei denen das Präfix trans,<br />

etwa durch inter, supra oder post ersetzt wird.<br />

Häufig wird das Transnationale vom Internationalen abgegrenzt. So unterscheiden<br />

sich etwa laut Patel internationale <strong>und</strong> transnationale Geschichte darin,<br />

dass erstere „nicht von der Binnenperspektive ausgeht <strong>und</strong> diese durch neue Verknüpfungen<br />

zu durchbrechen <strong>und</strong> erweitern sucht. Vielmehr richtet sich ihr Blick a<br />

priori auf die Außenbeziehungen von Nationen <strong>und</strong> Gesellschaften, <strong>und</strong> mit neuen<br />

Fragestellungen, Ansätzen <strong>und</strong> Methoden versucht sie, diese tiefer auszuloten, als<br />

dies die traditionelle Diplomatiegeschichte vermocht hatte. Letzterer ist sie trotzdem<br />

weiterhin eng verb<strong>und</strong>en.“ (Patel 2004: 49) Analog dazu wird in einem Aufsatz<br />

des <strong>Literatur</strong>wissenschaftlers Philipp Löser Transnationalität ebenfalls im Unterschied<br />

zu Internationalität als Bezeichnung für Sachverhalte erklärt, die in jeder<br />

Nation stattfinden können, wobei Löser als Beispiel die Demokratisierung der so<br />

genannten Dritten Welt anführt (Löser 2001: 322).<br />

Das Supranationale ist in erster Linie ein Begriff der Politikwissenschaft, vor<br />

allem aus der Lehre der internationalen Beziehungen, <strong>und</strong> bezeichnet die Verlagerung<br />

von Zuständigkeiten von einer nationalstaatlichen auf eine höhere Ebene<br />

bzw. die Übertragung nationaler Souveränitätsrechte auf gemeinsame Institutionen<br />

<strong>und</strong> Organisationen, wobei hier regelmäßig die Europäische Gemeinschaft als<br />

Beispiel bemüht wird. Die Bedeutungszunahme solcher supranationalen bzw. globalen<br />

Entitäten (bzw. die Bedeutungsabnahme nationalstaatlicher Entitäten) wird<br />

wiederum häufig mit dem Begriff des Postnationalen beschrieben. 3 Es würde je-<br />

3 Das Konzept des Postnationalen wurde 1976 von dem Geschichtswissenschaftler Karl Dietrich<br />

Bracher in die deutsche Diskussion eingebracht, um die besondere Form der (alten) BRD als „postnationale<br />

Demokratie unter Nationalstaaten“ zu charakterisieren <strong>und</strong> damit den Unterschied zu<br />

anderen Staaten des Atlantischen Bündnisses <strong>und</strong> der Europäischen Gemeinschaft zu unterstreichen.<br />

In den 1990er Jahre sah Jürgen Habermas dann in der b<strong>und</strong>esrepublikanischen Phase der deutschen<br />

Geschichte eine „postnationale Konstellation“ verwirklicht, die an die Stelle des Nationalstaats<br />

getreten sei <strong>und</strong> die als Resultat einer vernünftig aufgearbeiteten NS-Vergangenheit befürwortet<br />

werden solle.

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