Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen
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Emotionen <strong>und</strong> <strong>Sprache</strong> in Printmedien 213<br />
(interaktive Grafik) Der Inzest-Skandal um Josef F. – Gr<strong>und</strong>riss des Kellerverlieses<br />
Die sechs erwachsenen Kinder sind heute zwischen 50 <strong>und</strong> 30 Jahren alt, leben mit<br />
ihren Familien in Amstetten <strong>und</strong> Umgebung. „Gegen sie gibt es keinerlei Verdachtsmomente,<br />
an der Tat beteiligt oder eingeweiht gewesen zu sein. Sie haben mit diesem Verbrechen<br />
nichts zu tun“, sagt der Leiter des Landeskriminalamtes Niederösterreich,<br />
Franz Polzer.<br />
Beim jährlichen Familientreffen kam es meist zum Showdown zwischen dem<br />
selbstsicheren Josef Fritzl <strong>und</strong> seiner Schwägerin Christine. Er habe sie wegen ihrer<br />
Figur gehänselt, sagte die 59-Jährige der Zeitung „Österreich“. „Besser dick als eine<br />
Glatze“, habe sie ihm entgegnet <strong>und</strong> behauptet: „Der Sepp ist so eitel, dass er nach<br />
Wien fuhr <strong>und</strong> sich Haare implantieren ließ.“<br />
Ebenso ein Thema bei Familienfeiern: Fritzls Chauvinismus. Er habe konsequent<br />
seine Frau „runtergeputzt“, <strong>und</strong> „über derbe Sexwitze hat er am lautesten gelacht.“ Dabei<br />
hätten „alle gewusst, dass die beiden seit Jahren keinen Sex mehr hatten.“ Dass er sein nach<br />
Polizeiangaben „übersteigertes Sexualbedürfnis“ auf perfide, abscheuungswürdige Weise im hauseigenen<br />
Keller auslebte – dazu an seiner eigenen Tochter –, das ahnte auf den jährlichen Familienfesten<br />
niemand.<br />
(größere Kartenansicht) Ybbsstraße in Amstetten: Der Schauplatz des Verbrechens<br />
Dabei gab es Anzeichen, die stutzig hätten machen müssen, aber ohne Konsequenzen blieben.<br />
„Jeden Tag um neun Uhr in der Früh ging der Sepp in den Keller. Angeblich, um Maschinenpläne<br />
zu zeichnen, die er an Firmen verkauft hat. Oft ist er sogar über Nacht da<br />
unten geblieben. Rosi durfte ihm nicht einmal einen Kaffee bringen“, erinnert sich Christine<br />
R.<br />
Josef Fritzl: „Ich hab’ es eigentlich gut gemeint“<br />
Dass Fritzl selbst seine Tat in völlig anderer Dimension begreift, belegt sein karges, nüchternes<br />
Geständnis. „Ich sorgte immer gut für alle“, soll der 73-jährige zu Protokoll gegeben haben.<br />
„Ich hab’ es eigentlich gut gemeint.“<br />
Das Verbrechen von Amstetten (Stichworte - Die Verschleierungstaktik, Die Entdeckung,<br />
Das Verlies, Die Pflegekinder, Der DNA-Test, Die Therapie, Das Strafmaß, Der Anwalt)<br />
Er habe seine Tochter vor „Drogen schützen“ wollen, sagte er aus. „Sie war ein schwieriges<br />
Kind.“ Das verschachtelte Verlies, der Missbrauch <strong>und</strong> die Schwangerschaften hätten sich „mit<br />
der Zeit ergeben“. Ja, er habe Sex mit seiner Tochter gehabt. Aber sie doch nicht monatelang<br />
gefesselt <strong>und</strong> wie ein Tier gehalten.<br />
Elisabeth hatte schon vor ihrer Gefangenschaft versucht zu fliehen – vergeblich. Mit 16<br />
Jahren begann sie, als Kellnerin einer Raststätte in Oberösterreich zu arbeiten,<br />
lebte mit anderen Lehrlingen in einem Wohnheim. Josef Fritzl ersparte ihr jedoch