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Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

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Wie europäisch ist das deutsche Theater? 197<br />

hen, ist mehr als beachtlich. Dramatiker wie Simon Stephens, Biljana Srbljanović,<br />

Lars Norén, Sergie Belbel oder Martin Crimp sind in den Repertoires nahezu flächendeckend<br />

vertreten.<br />

Drittens. Eine Europäisierung des deutschen Theaters hat auch auf Strukturen, auf<br />

Personalentscheidungen <strong>und</strong> Arbeitsweisen Einfluss. In Magdeburg trat unlängst<br />

die Engländerin Karen Stone ihre Intendanz an. Am Düsseldorfer Schauspielhaus<br />

hat der Schwede Staffan Valdemar Holm die künstlerische Leitung übernommen.<br />

In München wurde ab 2010 der Niederländer Johan Simons zum neuen Intendanten<br />

der Kammerspiele berufen. Simons gilt als innovativer Theatermacher <strong>und</strong> war<br />

zuvor als Künstlerischer Leiter am Nederlands Toneel im belgischen Gent tätig.<br />

Als Schauspiel-Regisseure hoch im Kurs stehen schon seit einigen Jahren der Belgier<br />

Luc Perceval, die Niederländerin Alize Zandwijk, der Lette Alvis Hermanis<br />

oder auch Andrej Woron aus Polen.<br />

Wie diese Entwicklung weitergeht, ist noch nicht abzusehen. Bewegten sich die<br />

europäischen Gäste bislang weitgehend innerhalb der deutschen Theaterstrukturen,<br />

so könnte gerade Johann Simons in München für einen wirklichen Wandel<br />

sorgen. Es gehört zur deutschen Theatertradition, sehr hierarchisch (bezogen auf<br />

die Struktur) <strong>und</strong> sehr individualistisch (bezogen auf das Kreative) zu arbeiten. In<br />

Belgien <strong>und</strong> den Niederlanden ist die Theaterarbeit demgegenüber ein offener <strong>und</strong><br />

kollektiver Prozess <strong>und</strong> keine ästhetische Setzung. Der flämische Dramaturg Ivo<br />

Kuyl beschreibt den Unterschied sehr eindrucksvoll:<br />

„Bislang ist es meist so, dass ein Regisseur, der ja auch die Funktion eines künstlerischen<br />

Leiters einnimmt, alle wichtigen Entscheidungen auf jenem Gebiet fällt. Wie<br />

kann man aber zum Beispiel schlüssig über ein demokratisches Europa sprechen, wenn<br />

man die schwere Kunst der Demokratie nicht innerhalb der eigenen Mauern auszuüben<br />

bestrebt ist? In dem Theater, in dem ich tätig bin – in der Koninklijke Vlaamse<br />

Schouwburg Brüssel – arbeiten wir mit einem künstlerischen Stab von zehn Personen<br />

nach dem Konsensprinzip: Jedes potenzielle Projekt wird von allen diesen Personen<br />

diskutiert, <strong>und</strong> wenn ihm nicht alle zustimmen, kann es nicht stattfinden. Wir gehen<br />

selbstverständlich davon aus, dass jeder das Projekt gegenüber der Außenwelt verteidigen<br />

können muss. Entgegen Zweifeln, ob dies eine funktionsfähige Strategie ist, haben<br />

wir mit diesem Modell inzwischen ausgezeichnete Erfahrungen gemacht.“<br />

Ob die Münchner ahnten, wie viel Basisdemokratie ihnen da womöglich ins Haus<br />

steht?<br />

Neben diesen auf Kontinuität angelegten Verbindungen ist Europa auch in<br />

Form von Gastspielen, Festivals <strong>und</strong> Kooperationen in deutschen Theatern sehr<br />

präsent. Die Biennale in Wiesbaden, das Festival Theater der Welt, die Ruhrtriennale<br />

oder die Kulturstiftung des B<strong>und</strong>es mit ihrem Wanderlust-Fond fördern beispielhaft<br />

den Austausch unter europäischen Bühnen. Dazu kommen Autorenbegegnungen<br />

wie beim Heidelberg Stückemarkt oder dem Osnabrücker Festival Spieltriebe. Holger

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