Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen
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18 Irmy Schweiger<br />
im Rahmen eines dreijährigen internationalen EU-Projektes (Asia-Link) entwickelt<br />
<strong>und</strong> implementiert wurde. Zeitgleich mit der Publikation des ersten Bandes unserer<br />
Institutsreihe „Kulturen im Kontakt: Deutschland – China“ ������ nahm die<br />
erste Kohorte von Studierenden ihr Masterstudium in <strong>Göttingen</strong> auf.<br />
Muttersprachengermanistik <strong>und</strong> Fremdsprachengermanistik<br />
Die Gründe für die Entwicklung des Faches Interkulturelle Germanistik sind vor<br />
allem im Fachbereich selbst zu suchen. Es waren zunächst Lehrende aus dem Fach<br />
Deutsch als Fremdsprache, die sich als Mittler zwischen der Inlands- <strong>und</strong> Auslandsgermanistik<br />
versuchten, mit dem Ziel, einen intradisziplinären Dialog zu etablieren.<br />
Vor allem für die im Ausland eingesetzten Lektoren für Deutsch als Fremdsprache<br />
wurde augenscheinlich, dass zwar sowohl im Ausland als auch im Inland<br />
von Germanistik die Rede war, jedoch von unterschiedlichen Positionen, Voraussetzungen,<br />
Perspektiven <strong>und</strong> Kompetenzen ausgegangen werden musste. Wenn<br />
wir also von Germanistik oder Deutscher Philologie im Gegensatz zu ���� (re<br />
er man xue) oder ���� (de yi zhi xue) – also den chinesischen Deutschstudien –<br />
sprechen, so wird schnell deutlich, dass die Realität, die mit diesen Begriffen benannt<br />
ist, eine unterschiedliche ist. Im Falle der Germanistik geht es im Wesentlichen<br />
darum, eine in Gr<strong>und</strong>zügen vorgegebene Kultur mit Hilfe eines Studiums der<br />
Tradition, der „großen“ Autoren der Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart weiter zu<br />
entwickeln. Während wir im Falle von ���� davon ausgehen müssen, dass die<br />
Studierenden von der deutschen <strong>Sprache</strong> <strong>und</strong> der sozialen Wirklichkeit Deutschlands<br />
zunächst kaum Gr<strong>und</strong>kenntnisse besitzen. Das heißt, der Studiengegenstand<br />
der ���� ist eine fremde Welt. Die Aufgabe für den Lehrenden im Bereich von<br />
���� ist demnach eine völlig andere, wie auch schon die Ausgangsposition eine<br />
völlig andere als bei der (Inlands-)Germanistik ist. Komplexer wird die Situation<br />
allemal, wenn der Lehrende aus der Muttersprachengermanistik stammt <strong>und</strong> zunächst<br />
vor der Herausforderung steht, die Perspektive des Lernenden einzunehmen,<br />
der auf eine fremde Welt blickt, die gleichzeitig die eigene ist. Immer wieder<br />
wurde dies mit Perspektivenwechsel bezeichnet.<br />
Als eine besondere Aufgabe der Interkulturellen Germanistik stellte sich die<br />
kulturelle Sensibilisierung heraus. Im Zentrum stand die Erkenntnis, dass jegliche<br />
germanistische Arbeit in Forschung <strong>und</strong> Lehre kulturgeb<strong>und</strong>en ist. Diese Öffnung<br />
der Germanistik für die kulturelle <strong>Vielfalt</strong> der realen Welt war gleichzeitig ein kleiner<br />
Abschied vom Normanspruch der deutschen Germanistik. Die 1984 gegründete<br />
Gesellschaft für Interkulturelle Germanistik (GIG) fasste die Ziele <strong>und</strong> Aufgaben<br />
einer interkulturellen Germanistik folgendermaßen zusammen:<br />
Soweit sich die Geschichte der Kulturen überblicken lässt, lernt eine Kultur von der<br />
anderen <strong>und</strong> grenzt sich zugleich von ihr ab. Das Fremde wird so zum Ferment von<br />
Kulturentwicklung <strong>und</strong> interkultureller Integration. Dieses produktive Wechselver-