Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen
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Andreas Jahn-Sudmann<br />
man sich unter dem theoretischen Begriff „transnational“ sehr leicht etwas vorstellen<br />
kann, was mit Transnationalität de facto auch zu tun hat. Hinzu kommt, dass<br />
der Begriff in diachroner Perspektive flexibel anwendbar ist. Seit es Nationen gibt,<br />
existieren auch Formationen <strong>und</strong> Diskurse des Transnationalen. Diese Flexibilität<br />
scheint gerade für komparatistische Perspektiven der Kulturgeschichte oder, in<br />
unserem Fall, der Filmgeschichte ein Vorteil zu sein. Nicht umsonst haben relativ<br />
offene Begriffskonzepte wie das transnationale Kino in der Filmwissenschaft mittlerweile<br />
eine größere Relevanz, da perspektivisch ähnliche, aber zeitlich spezifisch<br />
verortete Konzepte wie insbesondere das Konzept des „Third Cinema“ nicht mehr<br />
in der Lage sind, gerade die aktuellen weltweiten Dynamiken <strong>und</strong> Strukturen der<br />
Filmkulturen in ihren gegenseitigen Beziehungen <strong>und</strong> Durchdringungen angemessen<br />
zu beschreiben <strong>und</strong> zu erklären (Devadas 2006). So schreiben Ezra <strong>und</strong><br />
Rowden zur Kategorie des Third Cinema:<br />
Transnational cinema as a category moves beyond the exceptionalizing discourses of<br />
„Third Worldism“ and the related notion of Third Cinema, terms that have become<br />
increasingly problematic in a world no longer marked by the sharp divisions of discursive<br />
resistance to cultural imperialism, soon came to be equated with all cinema made<br />
in the „Third World“, though this conflation was quickly complicated by the presence<br />
of neocolonial forces within the postcolonial world, and by the fact that many „Third<br />
World“ filmmakers were trained in the West. Because of the hybridized and cosmopolitan<br />
identities of so many contemporary filmmakers, it could be argued that binary<br />
oppositions and tertiary relations have lost even their heuristic value in the complexly<br />
interconnected world-system with which even the most marginalized of them must<br />
now contend. (Ezra/Rowden 2006: 4)<br />
Transnationale Filmpraxen<br />
Die Tatsache, dass das Transnationale in der Filmwissenschaft seit geraumer Zeit<br />
prominenter <strong>und</strong> häufiger verhandelt wird, hat offenk<strong>und</strong>ig damit zu tun, dass<br />
trans-nationale <strong>und</strong> trans-kulturelle Prozesse vor allem auch von der kulturellen<br />
(Film-)Praxis, die wir als Wissenschaftler beobachten <strong>und</strong> analysieren, zunehmend<br />
(selbst-)reflexiver thematisiert werden bzw. ihrerseits ganz eigene, genuine Formen<br />
transnationaler/transkultureller Erfahrungen ermöglichen. Zwar lässt sich nahezu<br />
jeder Film seit den Anfangstagen des Kinos problemlos auf transnationale Aspekte<br />
hin untersuchen, gleichwohl gibt es – vor allem in jüngster Zeit – spezifische Themen,<br />
Ästhetiken, Genres, Produktionsformen, die das Transnationale sehr explizit<br />
kennzeichnen. Allein das Spektrum transnationaler Filmthemen ist ausgesprochen<br />
breit <strong>und</strong> umfasst klassische Perspektiven auf Phänomene der Migration im engeren<br />
Sinne (z. B. Exilerfahrungen), aber natürlich auch Problemstellungen wie etwa<br />
Klimakatastrophen oder Terrorismus, die auf je spezifische Weise das Spannungsfeld<br />
nationaler, lokaler <strong>und</strong> globaler Probleme vermessen. Auch relativ neue Technologien<br />
wie DVD <strong>und</strong> Internet tragen dazu bei, die Transnationalität des Kinos