Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen
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Grigol Robakidse 163<br />
der ewigen Wiederkunft. Darin lag für mich wirklich etwas Dämonisches. Diese Idee<br />
quälte mich lange. (Robakidse 1933: 5)<br />
Wie bei Nietzsche ist auch bei Robakidse die Antike ein ideales Vorbild, wo die<br />
ewige Wiederkehr des Gleichen besonders bedeutungsvoll ist. Die ewige Wiederkunft<br />
des Gleichen mit ihren ethischen, kosmologischen <strong>und</strong> politischen Bedeutungen<br />
spielt daher eine wichtige Rolle im Schaffen von Robakidse; sie steht im<br />
Mittelpunkt seiner Romane Schlangenhemd, Die gemordete Seele <strong>und</strong> Megi. Wie wesentlich<br />
Nietzsches Einfluss auf das Schaffen von Robakidse ist, betonte er selbst:<br />
„Das Dionysische hat mich bezaubert – umso mehr auch die Idee der ewigen Wiederkunft“,<br />
schrieb er in der autobiographischen Schrift Mein Leben. Aber er war<br />
gegen die zeitgenössischen Wissenschaftler, gegen ihre Erklärung dieser Idee.<br />
Robakidse war lange auf der Suche nach dem Wesen der ewigen Wiederkunft, bis<br />
ihm im Jahre 1916 eine plötzliche Eingebung kam. Damals war der Schriftsteller<br />
im Iran, <strong>und</strong> zu dieser Zeit war der Einfluss dieses Landes <strong>und</strong> des Gilgamesch auf<br />
ihn riesig.<br />
In Hamadan, der alten Stadt der Midier [Meder] Ekbatana, ergriff mich plötzlich ein<br />
Bild: alles, was geschieht, geschieht so, als ob es schon geschehen wäre. Wieder die<br />
Idee der ewigen Wiederkehr. Aber diesmal empfand ich diese Wiederkunft anders.<br />
Nicht die ewige Wiederkehr des Einzelnen zu sich selbs t, wie bei<br />
Nietzsche, s ondern die Wi ederkehr des Einzelnen zu sic h selbst im<br />
Einzelnen –, so schien es mir. Ich versichere dem Leser, daß es sich hier nicht um<br />
eine „Umwortung aller Worte“ handelt. Hier ist etwas ganz anderes. Diese Idee fand<br />
später greifbare Bilder in meinem Roman „Das Schlangenhemd“. (Robakidse 1933: 6)<br />
Die Idee der ewigen Wiederkunft des Gleichen ist eine Hauptidee bei Nietzsche,<br />
die ihren Höhepunkt in der Schlussszene von Zarathustra erreicht. Diese Idee ist<br />
schwer zu verstehen <strong>und</strong> hat ganz verschiedene Interpretationen erfahren. Im<br />
Nachwort einer georgischen Übersetzung des Romans Also sprach Zarathustra von<br />
Erekle Tatischwili formuliert der georgische Wissenschaftler Thamas Buatschidse<br />
seine Deutung dieses Gedankens von der ewigen Wiederkunft. Er behauptet, dass<br />
die Vergangenheit unendlich <strong>und</strong> ewig ist. Was in jedem Augenblick geschieht, ist<br />
schon mehrmals geschehen. Das bedeutet, dass die Vergangenheit <strong>und</strong> die Zukunft<br />
nicht gegeneinander stehen, wie es heute erscheint. Der Zeitlauf wird wie ein Kreis<br />
dargestellt. Alles wiederholt sich. Der Fortschritt ist gleichzeitig Rückschritt. Nach<br />
Nietzsche erleidet die Welt der Kräfte keine Verminderung, andernfalls wäre sie in<br />
der endlichen Zeit schwach geworden <strong>und</strong> zu Gr<strong>und</strong>e gegangen.<br />
Die Welt der Kräfte erleidet keinen Stillstand: denn sonst wäre er erreicht worden,<br />
<strong>und</strong> die Uhr des Daseins stünde still. Die Welt der Kräfte kommt also nie in ein<br />
Gleichgewicht, sie hat nie einen Augenblick der Ruhe, ihre Kraft <strong>und</strong> ihre Bewegung<br />
sind gleich groß für jede Zeit. Welchen Zustand diese Welt auch nur erreichen kann,