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Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

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<strong>Literatur</strong>, Migration <strong>und</strong> sprachliche Kreativität 117<br />

henden Jahrbüchern <strong>und</strong> in den Anthologien der Südwind-Reihe beim Con-Verlag<br />

Bremen <strong>und</strong> dann beim Neuen Malik Verlag Kiel seinen konkreten Niederschlag. 9<br />

Von den vielen literarischen Texten, welche in dieser Zeit <strong>und</strong> aus einer solchen<br />

Motivation heraus entstanden sind <strong>und</strong> veröffentlich wurden, zitiere ich<br />

exemplarisch einen kurzen Ausschnitt aus dem Gedicht „Erlangen“ von Habib<br />

Bektas, welches das Thema der interkulturellen Begegnung (<strong>und</strong> hier besonders der<br />

interkulturellen Liebesbeziehung) behandelt:<br />

Du erinnerst dich an den Tag meiner Ankunft:<br />

Wer, hättest du gefragt,<br />

Drückt mir diesen asiatischen Kuß auf die Stirn? (Bektas 1983)<br />

Innerhalb des PoLiKunst- <strong>und</strong> Südwind-Projektes war Deutsch die <strong>Sprache</strong> der<br />

kulturellen Vermittlung <strong>und</strong> der interkulturellen Begegnung.<br />

„Gastarbeiterdeutsch“ als <strong>Sprache</strong> des Protestes <strong>und</strong> der<br />

Provokation<br />

In den frühen achtziger Jahren ist der Begriff „Gastarbeiterliteratur“ entstanden.<br />

Einige Autoren benutzten ihn einerseits als Ausdruck der unmittelbaren Solidarität<br />

gegenüber der Minderheit der Ausländer <strong>und</strong> andererseits, um die Ironie der deutschen<br />

Bezeichnung „Gastarbeiter“ bloßzulegen. (Einerseits erwartet man von einem<br />

Gast nicht, dass er Arbeiten verrichtet, <strong>und</strong> andererseits genießen Arbeiter in<br />

der Regel nicht den Status eines Gastes). Die „Gastarbeiterliteratur“ definierte sich<br />

als Aufklärung, Provokation <strong>und</strong> Kritik <strong>und</strong> hob das sozialpolitische Engagement<br />

der Texte hervor.<br />

In diesem Zusammenhang entstand auch die Bezeichnung „Gastarbeiterdeutsch“<br />

im Kontext der <strong>Literatur</strong>. Es handelte sich dabei nicht um authentisches<br />

Sprachmaterial, sondern um eine besondere künstlerische <strong>Sprache</strong>, eine zitierende<br />

<strong>und</strong> intentional eingesetzte Inszenierung einer gesprochenen Sprachvarietät, welche<br />

die Mitglieder der Minderheit der „Gastarbeiter“ über ihre unterschiedlichen<br />

nationalen Herkünfte hinaus verbinden sollte.<br />

Ein einschlägiges Beispiel ist folgendes Gedicht von Franco Biondi aus dem<br />

1979 erschienenem Band “nicht nur gastarbeiterdeutsch”:<br />

Du schlechter itaka, warum du schreien<br />

warum du deutsch schlecht machen<br />

warum du so böse, so fresch<br />

[...]<br />

du eseltreiber, warum du so bockig<br />

du Schlappenflicker, warum du so fresch<br />

9 Zum Verein PoLiKunst <strong>und</strong> zur Südwind-Reihe vgl. genauer Amodeo 1996: 15, 82.

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