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Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

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Chinabilder in deutschen Medien 233<br />

(14. August 2008)), wie er es in einem Interview in der Zeit formulierte. Die eine<br />

Gruppe konstruierte das Chinabild aus der sogenannten „Halbvoll-Perspektive“<br />

<strong>und</strong> die andere aus der „Halbleer-Perspektive“. Diese zwei Gruppen nenne ich im<br />

Folgenden „Halbvoll-Partie“ <strong>und</strong> „Halbleer-Partie“. Die Halbvoll-Partie sah vorwiegend<br />

die sozialen Probleme in China <strong>und</strong> maß China ausschließlich an Demokratie<br />

<strong>und</strong> Menschenrechten. Die Fortschritte <strong>und</strong> Errungenschaften, die China in<br />

den letzten Jahren erreicht hat, wurden einfach übersehen. China wurde heftig<br />

kritisiert. Die Halbvoll-Partie verneinte zwar nicht die in China herrschenden<br />

Probleme, aber sie ging eher von den enormen sowohl wirtschaftlichen als auch<br />

politischen Fortschritten aus, die China gemacht hatte. Sie sah ein, dass sowohl die<br />

Lösung der Menschenrechtsprobleme in China als auch der unzähligen Probleme<br />

in der ganzen Welt nur in Zusammenarbeit mit China, nicht in der Widersetzung<br />

zu China möglich ist. Was beide Länder angeht, gehört Deutschland zum Lager<br />

kapitalistischer, entwickelter Länder im Westen, während China zum Lager sozialistischer<br />

Entwicklungsländer der dritten Welt gezählt wird. Beide Länder schreiben<br />

dem jeweils anderen einen Status <strong>und</strong> Charakter einer anderen Zugehörigkeit<br />

in Bezug auf das Wirtschafts- <strong>und</strong> das politische System <strong>und</strong> eben auch auf den<br />

wirtschaftlichen Entwicklungszustand zu. Aber worauf ist es zurückzuführen, dass<br />

innerhalb des deutschen Lagers, im Rahmen der Olympia-China-Debatte zwei so<br />

eindeutig zu differenzierende Perspektiven bei der Konstruktion des Chinabilds<br />

entstanden sind?<br />

Auf der Basis der vorliegenden Beschreibung <strong>und</strong> Analyse über die Identifizierung<br />

<strong>und</strong> die Einstellungen von repräsentativen Duellgruppen in der Olympia-<br />

China-Debatte habe ich die Schlussfolgerung gezogen, dass der Faktor „Interessen“<br />

bei der Konstruktion des Chinabildes in Deutschland eine entscheidende<br />

Rolle spielte. Die Konstruktion ist subjektabhängig in Verbindung damit, ob <strong>und</strong><br />

inwiefern subjektive Interessen im Kontakt zu China bestehen. In der Politik, in<br />

der Wirtschaft <strong>und</strong> in der Sportbranche herrschten gleichzeitig zwei in Konfrontation<br />

stehende Stimmen. Die Halbleer-Partie nahm den ideologischen Unterschied<br />

zwischen den beiden Ländern <strong>und</strong> die von ihren eigenen Mitgliedern festgestellten<br />

Mängel <strong>und</strong> Fehler der chinesischen Regierung als Bewertungs- <strong>und</strong> Beurteilungskriterien<br />

<strong>und</strong> gelangte daher zu einem negativen Chinabild. Aber man muss sich<br />

des Umstands bewusst sein, dass diese Bewertungskriterien keine Kriterien im<br />

universellen Sinne darstellen, sondern von der deutschen Kultur <strong>und</strong> deren Wertvorstellungen<br />

geprägt <strong>und</strong> in <strong>und</strong> mit ihnen zustande gekommen sind. Zu solchen<br />

Kriterien zählen u. a. die Vorstellungen über Menschenrechte westlicher bzw.<br />

<strong>deutscher</strong> Prägung <strong>und</strong> das in Deutschland legitimierte politische System. All diese<br />

Kriterien tragen westliche Wertvorstellungen in sich, die in gewissem Maße China<br />

<strong>und</strong> Deutschland so anders machen. D. h. man misst China mit einem Maßstab,<br />

der von außerhalb der chinesischen Kultur kommt <strong>und</strong> der in hohem Masse im<br />

Gegensatz zum chinesischen eigenen Maßstab steht, was selbstverständlich zum<br />

Ergebnis eines nicht zufriedenstellenden Chinabildes führt. Auf der anderen Seite<br />

ging die Halbvoll-Partie von der dominierenden Stellung der Interessen aus, die

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