Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen
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Galina K. Schapolavola<br />
schlingend, abba abba, im Sextett ist cde cde gewählt, die Form, die die Reime am<br />
konsequentesten trennt (Schlütter 1979: 5). Das Sonett ist übersichtlich gegliedert.<br />
Zur Darstellung des Inhalts greift der Dichter zu den denkbar einfachen sprachlichen<br />
Mitteln, die in ihrer Schlichtheit eine kunstvolle Ordnung durch den Text,<br />
eine ästhetisch wirksame Formung erkennen lassen (Lerchner 1986: 81). Die Gedanken<br />
sind klar formuliert, die Sätze logisch gebaut. In den Zeilen 1, 5 <strong>und</strong> 9<br />
stimmen metrische <strong>und</strong> syntaktische Abschnitte nicht überein. Syntaktisch ist das<br />
Sonett aus insgesamt sieben Ganzsätzen aufgebaut: aus fünf komplexen Sätzen mit<br />
zwei bis drei Teilsätzen <strong>und</strong> zwei isolierten einfachen Sätzen im ersten Quartett.<br />
Die durchschnittliche Verslänge beträgt 6,4 Wörter.<br />
Das Thema entfaltet sich im ersten Quartett, das aus zwei isoliert gebrauchten<br />
Nominalsätzen <strong>und</strong> einer Hypotaxe besteht. Das erste Quartett, <strong>und</strong> somit das<br />
Sonett, eröffnet der eingliedrige Nominalsatz, der sowohl Ausrufe- als auch Anredefunktion<br />
besitzt. Das nominale Satzglied zeigt eine Erweiterung eines Nukleus<br />
durch das Possessivpronomen Mein <strong>und</strong> das Adjektiv süßes. Der unmittelbar folgende<br />
zweigliedrige Nominalsatz nimmt inhaltsseitig auf die Überschrift Bezug,<br />
führt in das Thema ein <strong>und</strong> übernimmt eine erzählende Funktion. Er ist aus einem<br />
Adverbial, das aus einem Adverb (hier) <strong>und</strong> einem präpositionalen Attribut (in<br />
Schachtelwänden) besteht, <strong>und</strong> einem Nominalsyntagma im Nominativ gebildet. Den<br />
Abschluss der Strophe bildet ein auf den vorausgehenden Hauptsatz bezogener<br />
Infinitivsatz mit attributiver Bedeutung.<br />
Das zweite Quartett, das die Aussage erweitert, beginnt mit einer Parataxe aus<br />
zwei Hauptsätzen in Frageform. Das Adverb dann dient als „Anschlusswort“, das<br />
zur Einordnung des geschilderten Geschehens in eine kontextbedingte Situation<br />
(Lage) fungiert (Brinkmann 1962: 588). Der erste Hauptsatz, ausgezeichnet durch<br />
Spitzenstellung des Dativobjekts Dir, ist ein Aussagesatz mit erzählender Funktion.<br />
Durch die hervorgehobene invertierte Anfangsstellung gewinnt Dir an Bedeutung.<br />
Der zweite Hauptsatz ist ein Fragesatz. Es handelt sich hierbei um eine rhetorische<br />
Frage, durch die, zusammen mit den Ausrufesätzen, im Gedicht eine zusätzliche<br />
Spannungssteigerung erreicht wird. Beschlossen wird der Rahmen des zweiten<br />
Quartetts, wie die des ersten, mit einem Nebensatz, der sich in Form eines satzwertigen<br />
Infinitivs dem Hauptsatz in postpositiver Stellung schließt. Die Infinitivkonstruktion<br />
ist hier als Attribut auf das Substantiv des übergeordneten Satzes<br />
Versuch bezogen <strong>und</strong> ist eine Wiederholung „in Distanzstellung“ (Plett 1975).<br />
Durch die Parallelität <strong>und</strong> ähnliche Bedeutung (attributive) der schließenden Zeilen<br />
in beiden Quartetten wird ein hohes Maß von Eindringlichkeit erreicht.<br />
In den Terzetten wird die Aussage des Oktetts erweitert. Die beiden Terzette<br />
sind jeweils von je einem einzigen Satz durchzogen. Das erste Terzett weist einen<br />
Erweiterungstyp des Gr<strong>und</strong>typus HS – NS durch einen Hauptsatz in Post-Position<br />
auf: HS – NS + HS. Die Hypotaxe wird von einem Hauptsatz mit der anaphorischen<br />
Konjunktion doch eingeleitet. Die Konjunktion doch in adversativer Funktion<br />
an der Spitze der Strophe, des Sextetts, „verschafft den Zusammenhang mit dem<br />
vorhergehenden Redeabschnitt, mit dem Kontext“ (Admoni 1972: 301), in diesem