Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen
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Agnieszka Metodieva<br />
Der Segen als sprachliches Phänomen bezieht sich allgemein auf eine Gruppe von<br />
rituellen <strong>und</strong> magischen Formeln, die eine handlungsauslösende Funktion haben,<br />
indem auch übernatürliche/außerirdische Kräfte oft zur Erfüllung des jeweiligen<br />
Segens herangezogen werden (vgl. Segerstedt 1947: 154f.).<br />
Bei der sprachwissenschaftlichen Beschreibung des Segens stoßen wir auf verschiedene<br />
Definitionsversuche, wo von festen Wortverbindungen, magischen<br />
Formeln, Sprüchen etc. die Rede ist. Einerseits wird der Segen als Aussprechen<br />
einer wohlmeinenden Formel oder eines Gebets bezeichnet, er ist aber auch mit<br />
Gebärden wie Handauflegung, Segensgestus, Ausbreiten der Hände verb<strong>und</strong>en, die<br />
das wohltätige Wirken Gottes an der gesegneten Person oder der gesegneten Sache<br />
symbolisieren <strong>und</strong> bewirken sollen. Zum anderen wird der Segen auch als Teil von<br />
Wünschen, die nicht mit der Religion in Verbindung stehen, verstanden. 10 Was<br />
aber der Segen rein sprachlich präsentiert, ist schwer zu beantworten. Gewiss müssen<br />
für die präzise Erfassung <strong>und</strong> Darstellung des Segensbegriffes neben Inhalt<br />
<strong>und</strong> Sprachform auch der situative Kontext, die Intention <strong>und</strong> der emotive Zustand<br />
des Sprechenden/Schreibenden berücksichtigt werden. 11<br />
Zusammenfassend kann der Segen ganz allgemein als eine Sprachhandlung, begleitet<br />
oft auch von einer nonverbalen Handlung (<strong>und</strong> zwar mit bestimmten Gebärden),<br />
verstanden werden. Der Segen sollte als ein kulturelles <strong>und</strong> zugleich auch als<br />
ein sprachliches Phänomen aufgefasst werden. <strong>Sprache</strong> <strong>und</strong> Kultur sind als unzertrennlich<br />
voneinander anzusehen, daher überlappen sich beim Segen das Sprachliche<br />
<strong>und</strong> das <strong>Kulturelle</strong> ständig. Beide Bereiche vermischen <strong>und</strong> ergänzen sich gegenseitig.<br />
10 Der Spruch Meinen Segen hast du als Einwilligung in der Umgangssprache gehört zu der Kategorie<br />
der Wünsche, die keinen religiösen Charakter haben. In meiner Dissertationsarbeit habe ich vor, eine<br />
genaue Klassifikation von Segen als Textsorte durchzuführen <strong>und</strong> den sakralen von nicht-sakralen<br />
Segen absondern zu lassen.<br />
11 In meiner Dissertationsarbeit habe ich mir vorgenommen zu untersuchen, welche Kriterien <strong>und</strong><br />
Funktionen erfüllt werden müssen, damit bestimmte Äußerungen als Segen betrachtet werden. Ich<br />
werde auch die Inhaltsebene von Segen angehen <strong>und</strong> dabei festzustellen versuchen, welche Themen<br />
<strong>und</strong> Stichworte in einem Segen vorkommen <strong>und</strong> ob in diesem Zusammenhang von Leitmotiven<br />
gesprochen werden kann. Was die Sprachform anbelangt, kann eine Untersuchung auf sprachlichformaler<br />
Ebene durchgeführt werden, mit Berücksichtigung der Rolle des Sprechers (Ich-Sprecher,<br />
Wir-Sprecher oder unpersönlich) <strong>und</strong> des Adressaten (Gott, Menschen, Ort, Selbstsegnen usw.). Da<br />
der Segen durch Emotionen geprägt wird, scheint auch die <strong>Sprache</strong> der Segen von Interesse zu sein –<br />
es sollte keine nüchterne <strong>Sprache</strong>, sondern eine bildhafte <strong>und</strong> metaphernreiche <strong>Sprache</strong> sein. Mit<br />
dieser Problematik versuche ich mich in meiner Arbeit auseinanderzusetzen.