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Kulturelle Vielfalt deutscher Literatur, Sprache und ... - SUB Göttingen

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Kino/Filme <strong>und</strong> das Transnationale 181<br />

doch zu kurz greifen, das Postnationale so zu verstehen, als würde damit der Kategorie<br />

des Nationalen eine radikale Absage erteilt oder das Prinzip der Nationalstaatlichkeit<br />

bereits als überw<strong>und</strong>en oder überwindbar betrachtet. Vielmehr geht es<br />

darum, Konstellationen zu fassen, die eine mögliche Phase oder Form der Relativierung<br />

bzw. der Hinterfragung dieser Kategorie beschreiben. Wie noch erläutert<br />

wird, kann die Kategorie des Transnationalen postnational gedacht sein oder nicht<br />

– was die Begriffsproblematik zusätzlich verdeutlicht. Insofern w<strong>und</strong>ert es nicht,<br />

dass diejenigen, die in Bezug auf das Konzept der Transnationalität begriffliche<br />

Schärfe einfordern, am Ende doch ein recht weitläufiges Konzept vertreten. So<br />

fasst, laut Patel, transnationale Geschichte all das zusammen, „was jenseits des<br />

Nationalen liegt, sich aber auch durch dieses definiert, von diesem abgrenzt oder in<br />

anderer Weise darauf bezogen ist.“ (Patel 2004: 45) 4<br />

Theoriekontext: Transkulturalität <strong>und</strong> Hybridität<br />

Bei der Kategorie des Transnationalen geht es jedoch nicht allein um wirtschaftliche<br />

<strong>und</strong> politische Beziehungen oder um primär institutionelle Fragen, sondern<br />

auch um Artikulationsformen kultureller Vernetzungen <strong>und</strong> Vermengungen, die<br />

mit spezifischen Erfahrungsformen <strong>und</strong> Identifikationsmustern verb<strong>und</strong>en sind.<br />

Für eine derartige Perspektivierung waren im deutschsprachigen Raum vor allem<br />

zwei Ansätze maßgeblich: das Konzept der Transkulturalität von Wolfgang<br />

Welsch sowie das Konzept kultureller Hybridität von Homi Bhabha, die sich beide<br />

von traditionellen Vorstellungen homogener <strong>und</strong> separierter Kulturen <strong>und</strong> ihnen<br />

eindeutig zuzuordnenden/angehörenden Subjekten distanzieren <strong>und</strong> stattdessen<br />

die wechselseitigen kulturellen Aneignungen <strong>und</strong> Durchdringungen betonen (vgl.<br />

u.a. Welsch 1999, Bhabha 1994).<br />

Wolfgang Welsch entwickelt sein Konzept der Transkulturalität 5 nicht nur in<br />

Abgrenzung zum traditionellen Kulturbegriff (etwa bei Herder), sondern auch in<br />

Differenz zu neueren Konzepten der Multi- <strong>und</strong> Interkulturalität, die nach wie vor<br />

auf der Prämisse einer insel- bzw. kugelartigen Verfasstheit von Kulturen beruhen.<br />

Tatsächlich basiere, so Welsch, Transkulturalität auf einem f<strong>und</strong>amental anderen<br />

Verständnis von Kulturen „jenseits des Gegensatzes von Eigenkultur <strong>und</strong> Fremdkultur“<br />

(Welsch 1995: 39). Diesem Ansatz folgend sind Kulturen einerseits intern<br />

durch die Pluralisierung potentieller Identitäten gekennzeichnet <strong>und</strong> andererseits<br />

extern durch netzwerkartige, grenzüberschreitende Strukturen bestimmt, enden die<br />

(post-)modernen Lebensformen nicht mehr an den Grenzen der Nationalkulturen,<br />

4 Patel paraphrasiert hier im Wesentlichen eine Begriffsbestimmung von David Thelen („The Nation<br />

and Beyond: Transnational Perspectives on United States History“. In: Journal of American History 86,<br />

1999, S. 965-975, hier: S. 967).<br />

5 Der Begriff Transkulturalität ist freilich nicht neu, sondern taucht bereits in der 1940 erstmals publizierten<br />

soziologischen Studie Contrapunteo Cubano del Tabaco y el Azúcar. (Madrid: Ed. Cátedra, 2002)<br />

des Kubaners Fernando Ortiz auf. Darüber hinaus wird er in den 1990er Jahren in diversen akademischen<br />

Kontexten verwendet.

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