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INSPIRATION<br />

the Bible (1976) von Harold Lindsell geschildert. In diesem Werk versucht der<br />

Autor, die verschiedenen Evangelienberichte über die Verleugnung Jesu durch Petrus<br />

in Einklang zu bringen. Nur Markus berichtet, daß der Hahn vor der dreimaligen<br />

Verleugnung zweimal krähte. Die übrigen Evangelien sagen übereinstimmend, der<br />

Hahn habe einmal gekräht. Dabei sind die Berichte der Evangelien jeweils in sich<br />

stimmig in bezug auf Jesu Voraussage der Verleugnung und ihre tatsächliche<br />

Erfüllung. Lindsell, ehem<strong>als</strong> Herausgeber der Zeitschrift Christianity Today, nimmt<br />

die Herausforderung an und widmet mehrere Seiten seines Buches (S. 174-176)<br />

einem detaillierten Harmonisierungsplan, der von einem seiner Freunde<br />

ausgearbeitet wurde. Dabei kommt er zu dem Schluß, der Hahn habe dreimal<br />

gekräht, und Petrus habe seinen Herrn insgesamt sechsmal verleugnet!<br />

Wenn ich diese Geschichte in adventistischen Kreisen erzähle, stelle ich mit<br />

Genugtuung fest, daß sie meist ein Schmunzeln auslöst. Wir mögen ja konservativ<br />

sein, aber nicht derart konservativ! Dabei möchte ich Lindsells<br />

Harmonisierungsversuch keineswegs herabsetzen. Er meint es sehr ernst. Für ihn<br />

sind die Abweichungen in den Evangelien kein Grund zum Schmunzeln! Aber ich<br />

finde es bemerkenswert, daß er für dieses Problem eine Lösung vorschlägt, die in<br />

keinem der vorhandenen Evangelien enthalten ist.<br />

Manchmal hilft die Additionsmethode überhaupt nicht. Denken wir<br />

beispielsweise an Jesu Versuchung in der Wüste. Matthäus 4 und Lukas 4<br />

beschreiben die beiden letzten Versuchungen in unterschiedlicher Reihenfolge.<br />

Beeinflußt vom Buch Das Leben Jesu bevorzugen die meisten Adventisten die<br />

Matthäusversion und halten die Szene auf der Tempelzinne für die zweite und die<br />

Aufforderung zur Anbetung Satans für die dritte Versuchung. Lukas aber stellt die<br />

Reihenfolge dieser beiden Versuchungen um. Wer hat nun recht, Matthäus oder<br />

Lukas?<br />

Das ist die f<strong>als</strong>che Frage. George Rice macht uns in seinem wertvollen Büchlein<br />

über das Lukasevangelium, Luke, a Plagiarist?, darauf aufmerksam, daß sowohl bei<br />

Matthäus wie auch bei Lukas die Reihenfolge durch das Anliegen bestimmt wird, das<br />

jeder der Autoren im Auge hatte: „Die Versuchungen steuern bei Matthäus auf die<br />

Frage hin, wer letztlich die Welt regieren sollte. Es geht da um die Herrschaft! Wie<br />

wir noch sehen werden, geht es bei Lukas dagegen um die Befreiung von Satans<br />

Macht. Deshalb läßt er die Versuchungen damit enden, daß Satan von Jesus, der auf<br />

der Tempelzinne steht, weichen muß.“ (Rice 36)<br />

Ich vermute, daß sich der Bedarf nach Harmonisierung vermindern ließe, wenn<br />

die Adventgemeinde die praktischen Gründe verstehen würde, die die<br />

Evangelienschreiber bewogen hatten, ihre Texte in der vorliegenden Form<br />

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