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HANDSCHRIFTEN<br />

die Lehre der Dreieinigkeit verstanden wurde. (Das lateinische Wort comma<br />

bezeichnete zunächst eine Wortgruppe und dann das Satzzeichen, das sie abschließt).<br />

Die Frage ist nicht, ob dieser umstrittene Abschnitt wahr ist, sondern ob er der<br />

Heiligen Schrift zugerechnet werden sollte. Im Text der Pattloch-Bibel (1962) lautet<br />

das „Comma Johanneum“ (in eckigen Klammern und Kursivschrift): „Denn drei sind<br />

es, die Zeugnis geben [im Himmel: der Vater, das Wort und der Heilige Geist; und<br />

diese drei sind eins. Und drei sind, die Zeugnis geben auf Erden]: der Geist und das<br />

Wasser und das Blut, und diese drei beziehen sich auf das Eine.“ (Vers 7.8)<br />

Die Geschichte dieses Satzes ist abenteuerlich und spannend. In der griechischen<br />

Tradition erscheint das „Komma“ nur in zwei Handschriften aus dem 14. Jahrhundert<br />

sowie <strong>als</strong> Randbemerkung (Glosse) aus dem 17. Jahrhundert in einer aus dem 12.<br />

Jahrhundert stammenden Handschrift. Soweit bekannt, wurde es zum erstenmal um<br />

380 n. Chr. in den Schriften von Priszillian, einem lateinischen Autor, erwähnt. Von<br />

dort gelangte es in die lateinischen Bibeln.<br />

Wie kam es, daß ein so schwach belegter Vers Aufnahme in einige Bibelübersetzungen<br />

fand? Hier wird die Geschichte interessant. Bezüglich dieses<br />

„Kommas“ gab es nämlich lauten Protest, <strong>als</strong> Erasmus 1516 seine erste „kritische“<br />

Ausgabe des griechischen Neuen Testaments herausgab. Natürlich kannte Erasmus<br />

das „Komma“ von den lateinischen Manuskripten her. Aber da er es in keiner alten<br />

griechischen Handschrift finden konnte, vermied er die Aufnahme in seinen griechischen<br />

Text.<br />

Die kirchlichen Instanzen waren außer sich. Wie konnte der griechischen Sprache<br />

größere Bedeutung beigemessen werden <strong>als</strong> der lateinischen? Das Neue Testament<br />

war zwar auf Griechisch verfaßt worden, aber das Lateinische galt <strong>als</strong> offizielle<br />

Kirchensprache. Führende Kirchenleute versuchten, Erasmus zu überzeugen, daß<br />

jede griechische Handschrift, deren Text nicht mit den lateinischen Handschriften<br />

übereinstimmte, zu verwerfen sei.<br />

In einem unbesonnenen Augenblick versprach Erasmus seinen Bedrängern, daß<br />

er den fraglichen Text in seine nächste Ausgabe aufnehmen würde, wenn sie ihm<br />

auch nur eine einzige griechische Handschrift vorlegen würden, die das „Komma“<br />

enthielte. Wie groß war die Überraschung, <strong>als</strong> eine derartige Handschrift in Dublin<br />

auftauchte. Nach heutigen Erkenntnissen handelte es sich dabei jedoch um eine<br />

Rückübersetzung vom Lateinischen ins Griechische!<br />

Für Erasmus war das schmerzlich, aber er hielt sein Wort und nahm das „Komma“<br />

in seine dritte Ausgabe des Neuen Testaments (1522) auf. Diese dritte Ausgabe<br />

wurde in der Folge zum „anerkannten Text“ (textus receptus), auf den sich u. a. die<br />

englische King James Version stützte. So kam dieser Vers in unsere Hände.<br />

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