Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik
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Anhörung Bayerischer Landtag · 15. Wahlperiode<br />
82. S0, 27. 09. 2007 Wortprotokoll – vom Redner nicht autorisiert<br />
chenland – der absolute Verlierer dieses Gesetzes. Wir<br />
wollen immer die Attraktivität des ländlichen Bereichs<br />
stärken. Aber mit diesem Gesetz haben wir haargenau<br />
das Gegenteil getan.<br />
Zusammenfassend kann man sagen: In diesem Gesetz<br />
<strong>und</strong> seiner Verwirklichung klaffen Theorie <strong>und</strong> Praxis<br />
massiv auseinander. Was Sie als Vorteil preisen, erweist<br />
sich in der Praxis als Nachteil. Davon betroffen sind die<br />
Eltern, die Kinder <strong>und</strong> die Erzieherinnen. Wenn ein<br />
Staatssekretär Heike mir sagt, dass die Eltern klagen<br />
sollen, wenn ich ihn auf Härtefälle hinweise, dann sage<br />
ich Ihnen, dass mit einem Gesetz, das so ausgestaltet<br />
ist, dass Eltern klagen müssen, um ihr Recht zu bekommen,<br />
unter Umständen etwas nicht stimmt. Darüber<br />
sollten Sie nach dieser Anhörung nachdenken. Es würde<br />
mich sehr freuen, wenn sich an diesem Gesetz etwas<br />
bewegen würde.<br />
(Vereinzelter Beifall)<br />
SV Andreas Görres (Paritätischer Wohlfahrtsverband<br />
Bayern e.V., Bezirksverband Oberbayern): Mein Name<br />
ist Andreas Görres. Ich vertrete den Paritätischen Wohlfahrtsverband,<br />
Landesverband Bayern <strong>und</strong> damit auch<br />
eine Vielzahl von gemeinnützigen Organisationen <strong>und</strong><br />
Trägern von Kindertagesbetreuungseinrichtungen, die<br />
in Bayern an vielen Stellen <strong>für</strong> eine Pluralität des Angebots<br />
in der Kindertagesbetreuung sorgen, natürlich<br />
neben anderen auch. Ich möchte vorab bemerken, dass<br />
der Kollege Achim Feichtl von der Arbeiterwohlfahrt sich<br />
gleichzeitig mit mir melden wollte. Ich bitte, diese Meldung<br />
auch zu berücksichtigen.<br />
Es sind ja schon sehr viele gr<strong>und</strong>sätzliche Aussagen zu<br />
diesem Gesetz getroffen worden. Ich möchte an das,<br />
was heute in der „Süddeutschen Zeitung“ als Stellungnahme<br />
der CSU zu diesem Gesetz steht, anknüpfen, wo<br />
es heißt: „Wir brauchen mehr Geld <strong>für</strong> Kinder.“ Das war<br />
eine Zielsetzung des Gesetzes, die der paritätische<br />
Wohlfahrtsverband von Anfang an unterstützt hat. Wir<br />
freuen uns jetzt besonders darüber, feststellen zu<br />
können, dass es auch in der b<strong>und</strong>espolitischen Diskussion<br />
ins Bewusstsein der Bevölkerung gedrungen ist,<br />
dass wir mehr Geld <strong>für</strong> Kinder brauchen <strong>und</strong> zwar mehr<br />
Geld in der Fläche, in quantitativer Hinsicht, aber auch<br />
<strong>für</strong> Qualität <strong>für</strong> die Betreuung von Kindern. Insofern<br />
haben wir von Anfang an gesagt, dass wir die kindbezogene<br />
Förderung, die das Kind in den Mittelpunkt der<br />
Förderung stellt, gr<strong>und</strong>sätzlich begrüßen. Wir unterstützen<br />
auch durchaus die Flexibilisierungsbemühungen,<br />
die dem neuen Gesetz anzumerken sind. Denn<br />
wir gehen davon aus, dass eine kindbezogene Förderung<br />
die Grenze zwischen den verschiedenen Einrichtungsformen<br />
möglichst weitgehend aufheben soll, damit<br />
die Kinder zum Beispiel die ersten Jahre ihres Lebens in<br />
einer Gemeinschaft verbringen können <strong>und</strong> nicht schon<br />
frühzeitig mit verschiedenen Einrichtungswechseln konfrontiert<br />
werden, die dann möglicherweise auch deshalb<br />
erfolgen, weil es unterschiedliche Finanzierungsformen<br />
<strong>für</strong> die unterschiedlichen Einrichtungstypen gibt.<br />
Generell sehen wir aber – ähnlich wie die CSU – bei dem<br />
neuen Gesetz noch einiges an Nachbesserungsbedarf,<br />
den ich nicht im Detail, aber an einigen Punkten erläutern<br />
will. Wir gehen immer noch davon aus, dass dem<br />
Ausbau der Betreuungsangebote auf den Stand, der<br />
derzeit verhandelt wird <strong>und</strong> im Raum steht, mit diesem<br />
Gesetz nicht nachzukommen ist. Vielmehr bedarf es<br />
dazu einiger Änderungen. Insbesondere müssen zum<br />
Beispiel die kindbezogenen Faktoren gr<strong>und</strong>sätzlich angehoben<br />
werden. Um den empfohlenen Anstellungsschlüssel<br />
von 1:10 zu erreichen, müsste der Basiswert<br />
generell angehoben werden.<br />
Wir sehen auch einen besonderen Handlungsbedarf bei<br />
den ganz kleinen Kindern, die in Krippen untergebracht<br />
sind. Da wurde in unseren Augen bei der Planung des<br />
Gesetzes nicht mit dem Ausbau gerechnet, den wir jetzt<br />
erleben <strong>und</strong> bewältigen müssen. Da wurde das Augenmerk<br />
nicht so stark auf die null bis einjährigen Kinder<br />
gelegt; sondern es wurde einfach versucht, das was wir<br />
bisher in der Krippenlandschaft hatten, mit dem zu vergleichen,<br />
was wir in der Kindertagesbetreuung in den<br />
Kindertagesstätten hatten. Dann wurde der Faktor <strong>für</strong><br />
die unter dreijährigen Kinder einfach verdoppelt. Das ist<br />
aber <strong>für</strong> die ganz kleinen Kinder in unseren Augen <strong>und</strong><br />
nach den ersten Erfahrungen laut vieler Rückmeldungen<br />
auch aus der Stadt München nicht realistisch <strong>für</strong> den<br />
erhöhten Betreuungsbedarf, den insbesondere ganz<br />
kleine Kinder benötigen.<br />
Gleiche Bildungschancen <strong>für</strong> Kinder im frühen Lebensalter<br />
setzen natürlich auch voraus, dass es gleiche Zugangsmöglichkeiten<br />
<strong>für</strong> Kinder zu den Einrichtungen<br />
gibt. Da hat der Paritätische Wohlfahrtsverband schon<br />
immer gesagt, dass die Gastkinderregelung dieser Zielsetzung<br />
des BayKiBiG überhaupt nicht gerecht wird.<br />
Dass die Zugangsvoraussetzungen in einem vereinten<br />
Europa an Gemeindegrenzen scheitern sollen, ist in<br />
meinen Augen geradezu absurd. Dass das Wunsch<strong>und</strong><br />
Wahlrecht an vielen Stellen eingegrenzt wird, ist<br />
vom Kollegen Rühle schon ausführlich erläutert<br />
worden.<br />
Es ist vorher schon mehrfach davon gesprochen<br />
worden, dass die Bedarfsplanung mittlerweile von einem<br />
Großteil der Gemeinden durchgeführt wurde. Wir als<br />
Vertreter der Freien Wohlfahrtspflege haben bei der Bedarfsplanung<br />
die Beteiligung der Freien Wohlfahrtspflege<br />
häufig vermisst. Es war in vielen Fällen so, dass<br />
die Träger der Freien Wohlfahrtspflege nicht entsprechend<br />
berücksichtigt wurden, so wie es das Gesetz vorsieht.<br />
Auch der Subsidiaritätsgedanke war <strong>für</strong> mich in<br />
der Umsetzungspraxis, beim Ausbau von neuen Kinderbetreuungsmodellen<br />
in Bayern nicht sehr oft sichtbar,<br />
nämlich dass die Träger der öffentlichen Jugendhilfe<br />
von eigenen Maßnahmen absehen sollen, wenn dies ein<br />
Träger der Freien Wohlfahrtspflege machen kann. Wir<br />
haben in letzter Zeit sehr wohl Angebote <strong>für</strong> einzelne<br />
Einrichtungsbetriebsträgerschaften erhalten, zum Beispiel<br />
in der Landeshauptstadt München. Aber es ist<br />
noch nicht so, dass dies flächendeckend umgesetzt<br />
wurde.<br />
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