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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Auf die Glaubensgemäßheit <strong>und</strong> Vernünftigkeit der Rechtsgewohnheit 307 (can. 24<br />

CIC/1983) kommt es hier nicht mehr an, da bereits ein fehlender Rechtsetzungswille<br />

festgestellt wurde.<br />

dd) Ausdrückliche oder stillschweigende Genehmigung durch den Gesetzgeber<br />

Nach can. 23 CIC/1983 kann die Rechtsgewohnheit nur dann zu Gewohnheitsrecht<br />

erstarken, wenn sie der zuständige Gesetzgeber ausdrücklich oder stillschweigend<br />

genehmigt. 308 Dies ist der einzelne Diözesanbischof oder der Papst. 309 Im Falle des<br />

kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s spräche einiges dafür, die Genehmigung eines einzelnen<br />

Diözesanbischofs nicht ausreichen zu lassen, sondern diejenige des Papstes zu verlangen.<br />

Diese liegt aber nicht vor.<br />

ee) 30jährige Frist<br />

Schließlich kann eine außergesetzliche Rechtsgewohnheit, die vom zuständigen<br />

Gesetzgeber nicht besonders gebilligt wurde, nur dann zum Gewohnheitsrecht erstarken,<br />

wenn sie rechtmäßig 30 ununterbrochene <strong>und</strong> volle Jahre hindurch geübt wurde (can. 26<br />

CIC/1983). Selbst wenn man davon ausginge, die deutsche Bischofskonferenz habe eine<br />

Rechtsgewohnheit des kirchlichen Asyls für Nichtdeutsche entwickelt, so scheiterte das<br />

Entstehen eines Gewohnheitsrechts jedenfalls an der 30jährigen Frist. Denn die Frage der<br />

Schutzgewährung für Ausländer durch die Kirche stellte sich verstärkt erst ab Anfang der<br />

80er Jahre. Von einer andauernden Übung kann überdies trotz mittlerweile etwa<br />

zwanzigjähriger Praxis ebenso wenig die Rede sein.<br />

6. Ergebnis<br />

Somit gibt es heute kein kirchliches <strong>Asylrecht</strong> für Nichtdeutsche, <strong>und</strong> zwar weder kraft<br />

Analogie noch kraft Gewohnheitsrechts. Auf die Frage, ob der Staat die Praxis der<br />

<strong>Kirchenasyl</strong>gewährung widerspruchslos hingenommen <strong>und</strong> toleriert hat, kommt es nicht<br />

an. Zwar wurde <strong>Kirchenasyl</strong> gr<strong>und</strong>sätzlich seitens der Staatsgewalt respektiert. Nur<br />

äußerst selten drangen Polizeibeamte in die kirchlichen Räume ein, „brachen“ das<br />

<strong>Kirchenasyl</strong> <strong>und</strong> schoben die Flüchtlinge ab. Allerdings kann die Bildung kirchlichen<br />

Gewohnheitsrechts - als Recht, das dem kirchlichen Rechtskreis angehört - nicht von der<br />

„Genehmigung“ durch den Staat abhängen. Auf der anderen Seite aber hat die<br />

Staatsgewalt <strong>im</strong> modernen <strong>Rechtsstaat</strong> das alleinige Recht zur Asylgewährung inne<br />

307 Dazu Aymans/Mörsdorf, Bd. 1, S. 196.<br />

308 Aymans/Mörsdorf, Bd. 1, S. 199 f.<br />

309 Aymans/Mörsdorf, Bd. 1, S. 199.<br />

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