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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Privilegien <strong>und</strong> Immunitäten der Diplomaten begründen. 113 Beide Theorien sind aber in<br />

erster Linie auf die Person des Diplomaten bezogen, nicht - zumindest nicht pr<strong>im</strong>är - auf<br />

das Botschaftsgebäude. Die Gewährung diplomatischen Asyls kann daher weder mit der<br />

Repräsentationstheorie noch mit der Funktionstheorie begründet werden, noch aus der<br />

Zusammenschau beider Theorien.<br />

(4) Völkervertragsrecht<br />

Das Völkervertragsrecht ist <strong>im</strong> Hinblick auf das diplomatische Asyl in den Ländern<br />

Lateinamerikas besonders stark ausgeprägt. Hierbei sind die Konvention über<br />

politisches Asyl von Havanna aus dem Jahre 1928, die Konventionen von Montevideo<br />

aus den Jahren 1933 <strong>und</strong> 1939 sowie die Konvention über diplomatisches Asyl (Caracas)<br />

vom 28. März 1954 neben weiteren Verträgen von vorrangiger Bedeutung, die es<br />

ermöglichen, dass politischen Straftätern in Botschaften, auf Kriegsschiffen <strong>und</strong> in<br />

Militäreinrichtungen gewährt wird. 114<br />

Nach den neueren lateinamerikanischen Asylverträgen (z.B. der<br />

Montevideokonvention von 1939) wird der persönliche Schutzbereich näher definiert:<br />

Asyl darf danach nur Personen gewährt werden, die aus politischen Gründen oder wegen<br />

politischer Delikte verfolgt werden; 115 die Asylgewährung wird nicht an die<br />

Staatsangehörigkeit des Territorialstaates geknüpft. 116 In sachlicher Hinsicht setzt<br />

rechtmäßiges diplomatisches Asyl einen „dringenden Fall“ voraus.<br />

Die (vorläufige) Kompetenz zu best<strong>im</strong>men, ob jemand aus politischen Gründen in die<br />

Botschaft geflohen ist oder ein gemeiner Verbrecher ist, hat der asylgewährende Staat;<br />

allerdings kann der Territorialstaat die Qualifikation anfechten. 117<br />

Die lateinamerikanischen Asylkonventionen verpflichten den asylgewährenden Staat<br />

dazu, den Territorialstaat so bald wie möglich von der Aufnahme des Flüchtlings in<br />

Kenntnis zu setzen; eine Ausnahme von der Informationspflicht ist nach dem<br />

Montevideoabkommen von 1939 jedoch dann gegeben, wenn durch die Information die<br />

Sicherheit des Flüchtlings gefährdet wäre. 118 Bei rechtmäßig gewährtem Asyl ist der<br />

Missionschef nicht verpflichtet, politische Flüchtlinge auf Verlangen des Territorialstaates<br />

dessen Behörden zu übergeben. 119 Unter best<strong>im</strong>mten Bedingungen darf der Flüchtling<br />

unter freiem Geleit ausreisen. 120<br />

113 Ipsen, S. 491.<br />

114 Vgl. Hailbronner, in: Beitz/Wollenschläger, Handbuch des <strong>Asylrecht</strong>s, Bd. 1, S. 74; zu den einzelnen<br />

Best<strong>im</strong>mungen der jeweiligen Konventionen s. Kitschenberg, S. 20 ff. <strong>und</strong> Reale, S. 530 ff.<br />

115 Vgl. Kitschenberg, S. 51.<br />

116 Kitschenberg, S. 59 ff.<br />

117 C.I.J. Recueil 1950, S. 273 f.<br />

118 Vgl. Kitschenberg, S. 80.<br />

119 Kitschenberg, S. 140. Es besteht dagegen eine Übergabepflicht gemeiner Verbrecher, Kitschenberg, S. 138.<br />

120 S. dazu <strong>im</strong> einzelnen Kitschenberg, S. 146 ff.<br />

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