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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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g) Bedeutung des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s<br />

Durch can. 1179 CIC/1917 hielt die Kirche weiterhin am kirchlichen <strong>Asylrecht</strong> fest,<br />

auch wenn es von der Staatsgewalt vielfach nur noch in bescheidenem Maße anerkannt<br />

wurde. 258 Die praktische Bedeutung des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s war aufgr<strong>und</strong> der<br />

fehlenden staatlichen Anerkennung jedoch sehr gering. 259 Dennoch war die Streichung<br />

des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s aus dem (neuen) Codex vom Jahre 1983 nicht unausweichlich.<br />

2. Aufgabe des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s durch den CIC/1983<br />

Im CIC von 1983 taucht das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> explizit nicht mehr auf. Es stellt sich<br />

daher die Frage: warum wurde es nicht mehr aufgenommen, obwohl in den<br />

vorbereitenden Schriftsätzen noch von einem Asylartikel ausgegangen wurde?<br />

a) Vorarbeiten zum CIC/1983<br />

Im Oktober 1972 empfahlen die Berater, an can. 1179 CIC/1917 festzuhalten. 260 Die<br />

Kommission zur Revision des Codex Iuris Canonici von 1917 gab <strong>im</strong> Jahre 1977 eine<br />

Übersicht über die <strong>im</strong> Buch IV zu ändernden canones heraus. Can. 7 (zu can. 1160<br />

CIC/1917) lautete: „Auctoritatis ecclesiasticae est propriam potestatem reg<strong>im</strong>inis in locis sacris libere<br />

exercere.“ 261 Und can. 14 (zu can. 1179 CIC/1917) best<strong>im</strong>mte: „Qui ad aliquam ecclesiam<br />

aliumve locum sacrum ad asylum obtinendum confugerint extrahendi non sunt sine assensu competentis<br />

auctoritatis ecclesiasticae.“ 262 Damit wäre sowohl der räumliche Geltungsbereich als auch der<br />

persönliche Geltungsbereich erweitert worden: nicht mehr nur Kirchen, sondern jeder<br />

heilige Ort soll Asyl bieten, 263 <strong>und</strong> zwar nicht nur Straftätern, sondern jedermann. Zudem<br />

normiert can. 14 nicht mehr die Möglichkeit der Behörden, in Fällen dringender<br />

Notwendigkeit den Flüchtling auch ohne Zust<strong>im</strong>mung der kirchlichen Autorität<br />

258 Holböck, S. 766. Eichmann/Mörsdorf (II. Bd., S. 316) sprechen davon, in der staatlichen Gesetzgebung werde<br />

das <strong>Asylrecht</strong> der Kirchen nicht mehr anerkannt.<br />

259 Retzbach (S. 254) meint, das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> sei heute ohne praktische Bedeutung.<br />

260 Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Recognoscendo (Hrsg.), Communicationes IV (1972), Acta<br />

Commissionis, S. 118 ff., 161 f.<br />

261 Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Recognoscendo, Schema Canonum Libri IV: De Ecclesiae Munere<br />

Sanctificandi, Pars II: De Locis et Temporibus Sacris deque Cultu Divino, S. 7. Übersetzung (vom Verf.):<br />

„Die kirchliche Autorität kann ihre Leitungsgewalt an heiligen Orten frei ausüben.“<br />

262 Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Recognoscendo, Schema Canonum Libri IV: De Ecclesiae Munere<br />

Sanctificandi, Pars II: De Locis et Temporibus Sacris deque Cultu Divino, S. 9. Übersetzung (vom Verf.):<br />

„Diejenigen, die zu einer Kirche oder an einen anderen heiligen Ort fliehen, um Asyl zu erlangen, dürfen<br />

ohne Zust<strong>im</strong>mung der zuständigen kirchlichen Autorität daraus nicht herausgeholt werden.“<br />

263 Vgl. auch Kaltenborn, DVBl. 1993, S. 26.<br />

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