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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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) <strong>Kirchenasyl</strong> <strong>und</strong> Abschiebungsschutz<br />

aa) Verhinderung der Abschiebung bei für Leib <strong>und</strong> Leben drohenden<br />

Gefahren<br />

Oftmals wird beklagt, das Verfahren des B<strong>und</strong>esamtes zur Anerkennung ausländischer<br />

Flüchtlinge werde rechtsfehlerhaft oder zumindest mangelhaft durchgeführt (z.B.<br />

aufgr<strong>und</strong> von Zustellungsfehlern). 126 So sei die Ausgestaltung der Anhörung mangelhaft<br />

<strong>und</strong> rechtsstaatswidrig 127, der obligatorische Einzelrichter sei abzulehnen 128. Die<br />

Lageberichte <strong>und</strong> Auskünfte des Auswärtigen Amtes als wichtigste Gr<strong>und</strong>lage(n) für die<br />

Entscheidung des B<strong>und</strong>esamtes seien von diplomatischen Rücksichten geprägt. 129<br />

126 Vgl. z.B. die Kritik des Deutschen Caritasverbandes, in: Deutscher Caritasverband, Erfahrungsbericht zur<br />

Situation von Asylsuchenden <strong>und</strong> Flüchtlingen in Deutschland, 1994, S. 2 ff. In einer Stellungnahme des<br />

Zentralrats des Deutschen Caritasverbandes vom 18.10.1994 (Stellungnahme zum <strong>Asylrecht</strong> <strong>und</strong> zur<br />

Flüchtlingssituation in Deutschland, in: Caritas 95 (1994), S. 508 ff., 509) heißt es beispielsweise (I.7.):<br />

„Die Zustellungsvorschriften ... führen <strong>im</strong>mer wieder zu schweren Rechtsnachteilen für die Asylbewerber,<br />

ohne daß diese ein Verschulden trifft.“ Vgl. auch die Kritik über „Mängel <strong>und</strong> Defizite <strong>im</strong> Asylverfahren“<br />

von Vogelskamp (Untersuchungsbericht: Können Kirchengemeinden Flüchtlinge schützen?) sowie Just<br />

(Bewertung des Untersuchungsberichts), in: Ökumenische B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche (Hrsg.),<br />

Zufluchtsort Kirche, S. 5 ff., 20 ff. <strong>und</strong> S. 24 ff., 27 ff. Zu Übersetzungsmängeln be<strong>im</strong> B<strong>und</strong>esamt für die<br />

Anerkennung ausländischer Flüchtlinge VG Aachen, InfAuslR 1996, S. 422 f. Verbesserungsvorschläge<br />

wurden u.a. in einer Resolution gemacht, die das Ökumenische <strong>Kirchenasyl</strong>netz Bayern be<strong>im</strong> 4. Studientag<br />

zum <strong>Kirchenasyl</strong> in Würzburg verabschiedet hat, vgl. SZ v. 3.3.1997, S. 38.<br />

127 So die Rechtsberaterkonferenz der mit den Wohlfahrtsverbänden <strong>und</strong> dem Hohen Flüchtlingskommissar<br />

der Vereinten Nationen zusammenarbeitenden Rechtsanwältinnen <strong>und</strong> Rechtsanwälte (in ihrer<br />

Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Neuregelung des Asylverfahrens, BT-Drs. 12/2062 vom<br />

12.2.1992), in: Heinhold/Hoffmann, „Das neue Asylverfahrensgesetz“, S. 257 f.<br />

128 So ebenfalls die Rechtsberaterkonferenz der mit den Wohlfahrtsverbänden <strong>und</strong> dem Hohen<br />

Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen zusammenarbeitenden Rechtsanwältinnen <strong>und</strong><br />

Rechtsanwälte (in ihrer Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Neuregelung des Asylverfahrens, BT-Drs.<br />

12/2062 vom 12.2.1992), in: Heinhold/Hoffmann, „Das neue Asylverfahrensgesetz“, S. 263 f. Auf S. 264<br />

heißt es: „Je nach Persönlichkeit wird das Ergebnis entweder eine bei Zweifelsfällen von Wohlwollen<br />

geprägte, stattgebende Entscheidung sein oder vom Bewußtsein der Nichtkontrollierbarkeit geprägte<br />

rasche Aburteilung.“ In dieses Bild passt es, wenn Günter Renner, Vorsitzender Richter am Hessischen<br />

Verwaltungsgerichtshof, das gerichtliche Asylverfahren wiederholt als einem Lotteriespiel nicht unähnlich<br />

bezeichnet hat oder geäußert hat, das Asylverfahren ähnele eher einem Roulette (vgl. Dufner, in: Publik-<br />

Forum Nr. 5/1998, S. 14 f.). Der ehemalige Verfassungsrichter Helmut S<strong>im</strong>on ist der zutreffenden Ansicht,<br />

<strong>im</strong> Bereich der Asyl- <strong>und</strong> Abschiebepraxis sei „nach den drastischen Einschränkungen des Schutzes für<br />

politisch Verfolgte in Verbindung mit Verfahrensbeschleunigung <strong>und</strong> Rechtsmittelabbau, nach<br />

fragwürdiger Absegnung dieser Regelung durch das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht <strong>und</strong> angesichts der<br />

allgemeinen Wagenburgmentalität gegenüber Fremden in erhöhtem Maße mit Fehlentscheidungen zu<br />

rechnen <strong>und</strong> mit schweren Gefährdungen der Betroffenen“, in: Evangelische Akademie Bad Boll (Hrsg.), Staat<br />

<strong>und</strong> Kirche. Recht <strong>und</strong> Religion, S. 69.<br />

129 KLD-Brief ausländische Flüchtlinge Nr. 2 v. 24. Januar 1995. A.A. - nicht überzeugend - Bell/Skibitzki, S.<br />

37 ff. Das Auswärtige Amt hat inzwischen die „gr<strong>und</strong>sätzliche Überprüfung des Instruments der<br />

Lageberichte“ angekündigt. In Zukunft sollen sie auf eine möglichst „breite <strong>und</strong> objektive Gr<strong>und</strong>lage“<br />

gestellt werden (Dialog mit dem UNHCR <strong>und</strong> deutschen sowie ausländischen<br />

Nichtregierungsorganisationen), s. Migration <strong>und</strong> Bevölkerung, Ausgabe 6, August 1999, S. 2. Alleine<br />

daraus wird bereits ersichtlich, dass es den Lageberichten bis jetzt an Objektivität <strong>und</strong> Ausgewogenheit<br />

gemangelt hat. Zu letzterem: Becker/Bruns, Diplomatie <strong>und</strong> Wahrheit. Einige Beispiele zur Verwertbarkeit<br />

von Auskünften <strong>und</strong> Lageberichten des Auswärtigen Amtes, InfAuslR 1997, S. 119 ff. Kritisch zu den<br />

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