03.12.2012 Aufrufe

Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

hat. 54 „Der erste Ort, an dem die Kirche den Flüchtlingen ihre Hilfsbereitschaft zeigen muß, ist die<br />

Pfarrgemeinde ...“ 55<br />

Nicht nur Flüchtlingsschutz, sondern allgemein der Schutz der Menschenrechte<br />

wird als Aufgabe der Kirche angesehen.<br />

Im Katholischen Erwachsenen-Katechismus finden sich folgende Sätze: 56 „Aufgabe der<br />

Kirche ist es, alle Menschen zur vollen Teilnahme am Christusgehe<strong>im</strong>nis zu führen, von einer<br />

ganzheitlichen Sicht des Menschen her die Gr<strong>und</strong>werte der Freiheit, des Friedens <strong>und</strong> der Gerechtigkeit in<br />

Solidarität zu fördern <strong>und</strong> so auch auf politischem Gebiet eine wahrhaft prophetische Sendung auszuüben.<br />

Deshalb hat sie <strong>im</strong> sozialen Bereich für Gerechtigkeit einzutreten <strong>und</strong> überall, wo Ungerechtigkeit<br />

herrscht, die Menschenrechte einzuklagen.“<br />

Schließlich hat das BVerfG in ständiger Rechtsprechung karitative <strong>und</strong> diakonische<br />

Betätigung als dem Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht der Kirchen unterfallend angesehen. 57 Und<br />

das Gebot der Nächstenliebe gilt als das Merkmal der christlichen Ethik. 58<br />

Zum Teil wird vertreten, Asylbewerbern könne „kein verbindliches <strong>Kirchenasyl</strong><br />

eingeräumt werden“. 59 Dass dem Staat das Monopol der Asylgewährung zusteht, hindert<br />

aber nicht, die Gewährung von <strong>Kirchenasyl</strong> als eigene Angelegenheit der Kirchen<br />

aufzufassen. 60 Denn <strong>Kirchenasyl</strong> wird hier gerade nicht als Asylgewährung verstanden. 61<br />

Als praktizierte Nächstenliebe gehört es nach dem kirchlichen Selbstverständnis zum<br />

Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht der Kirche. 62<br />

b) Abwägung<br />

54 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Flüchtlinge - eine Herausforderung zur Solidarität, Nr. 14<br />

(S. 14); vgl. auch KLD-Brief ausländische Flüchtlinge Nr. 24 v. 15. November 1993, S. 1 (Resolution von<br />

„Pax Christi“).<br />

55 Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.), Flüchtlinge - eine Herausforderung zur Solidarität, Nr. 27<br />

(S. 21).<br />

56 Deutsche Bischofskonferenz (Hrsg.), Katholischer Erwachsenen-Katechismus, 2. Bd., S. 109.<br />

57 Vgl. z.B. BVerfGE 53, 366 ff., 393 ff. („Marien-Hospial-Beschluß“).<br />

58 Rauchwarter, S. 25.<br />

59 So - ohne nähere Begründung - Ehlers, in: Sachs (Hrsg.), GG, Art. 140 GG, Art. 137 WRV, Rn. 7 m. w.<br />

Nachw.<br />

60 Im Ergebnis ebenso: Bayer, S. 250.<br />

61 Jacobs (ZevKR 35 (1990), S. 37 f.) schreibt lediglich, das Asylwesen <strong>im</strong> modernen Staat gehöre nicht zu den<br />

„eigenen Angelegenheiten“ der Kirchen (ebenso: Isensee, in: Listl/Pirson (Hrsg.), HdbStKirchR, Bd. 2, S.<br />

735 <strong>und</strong> neuerdings Rothkegel, ZAR 1997, S. 125 sowie Peißl, BayVBl. 1999, S. 138). Dies kann jedoch bei<br />

Betrachtung der heutigen Praxis des <strong>Kirchenasyl</strong>s nicht als Argument gegen das Eingreifen des kirchlichen<br />

Selbstbest<strong>im</strong>mungsrechts herangezogen werden.<br />

62 So z.B. Bayer, S. 250 m. w. Nachw. <strong>und</strong> Huber, ZAR 1988, S. 155; a.A. z.B. Schmidt-Bleibtreu/Klein (Hrsg.),<br />

GG, Art. 140, Rn. 10 a.<br />

121

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!