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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Im folgenden werden die Schweiz, die Niederlande <strong>und</strong> Frankreich als eine Auswahl<br />

von europäischen Ländern dargestellt, die <strong>im</strong> Zusammenhang mit <strong>Kirchenasyl</strong><br />

Erfahrungen gesammelt haben. 116<br />

b) Schweiz<br />

In der Schweiz beschäftigte man sich schon recht früh mit der Frage des <strong>Kirchenasyl</strong>s.<br />

Nach der Flucht mehrerer Demonstranten am 12. Juli 1980 in die Johanneskirche in<br />

Zürich erstellte die Theologische Fakultät der Universität Zürich <strong>im</strong> Januar 1981 für den<br />

Kirchenrat der Evangelisch-Reformierten Landeskirche des Kantons Zürich ein<br />

Gutachten mit dem Titel: „Kirchlicher Raum - Asylraum - Freiraum“. 117 Darin heißt es,<br />

die Kirche dürfe <strong>und</strong> müsse in ihren eigenen Räumen den staatlichen (auch den<br />

polizeilichen) Organen gegenüber eindringlich darauf bestehen, dass ihr<br />

Selbstbest<strong>im</strong>mungsrecht, das ihr als öffentlich-rechtlicher Institution zugestanden sei,<br />

auch in bezug auf die eigenen Gebäude <strong>und</strong> Räume respektiert werde, dass z.B.<br />

polizeiliche Kontrollen oder gar Besetzungen nur auf Wunsch oder bei ausdrücklicher<br />

Zust<strong>im</strong>mung der Kirchenleitung, eines Pfarrers oder einer anderen kirchlich beauftragten<br />

Person erfolgen dürften. Der Kirchenraum wäre - wenn die Kirche ihn für Gefährdete<br />

öffne - zu verstehen als ein „seelsorgerliches Asyl der Zeitgewährung“. 118<br />

Bereits drei Jahre später, <strong>im</strong> Jahre 1984, wurde die Aktion für abgewiesene<br />

Asylbewerber (AAA) ins Leben gerufen. 119 Es waren in erster Linie tamilische<br />

Flüchtlinge, deren „Zurückschaffung“ in ihre He<strong>im</strong>at verhindert werden sollte. 1985<br />

gewährten einigen von ihnen in der ganzen Schweiz etwa 100 Pfarreien <strong>Kirchenasyl</strong>.<br />

Bereits 1993 organisierten 6000 Mitarbeiter die Beherbergung von durchschnittlich 200<br />

abgewiesenen Asylbewerbern an etwa 1000 Gehe<strong>im</strong>plätzen. Wegen ihres Engagements<br />

für die Flüchtlinge verloren sogar einige Pfarrer ihre Anstellung.<br />

Die schweizerische Rechtsordnung anerkennt heute kein kirchliches <strong>Asylrecht</strong> mehr. 120<br />

Sie kennt auch keinen Rechtsbegriff des <strong>Kirchenasyl</strong>s. 121 Dennoch berufen sich heute<br />

Kirchenvertreter auf die Tradition des mittelalterlichen kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s, um die<br />

116 Zum Sanctuary in Großbritannien vgl. Churches Commission for Racial Justice, The Churches, Immigration<br />

Law and Sanctuary, Mai 1995; hierin ist zugleich ein guter Überblick über Sanctuary in verschiedenen<br />

europäischen Staaten enthalten. Zum „Kirkeasyl“ in Norwegen vgl. nur FAZ v. 20.10.1993, S. 11.<br />

117 Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik e.V. (Hrsg.), epd-Dokumentation Nr. 17a/81.<br />

118 Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik e.V. (Hrsg.), epd-Dokumentation Nr. 17a/81, S. 8 f.<br />

119 Vgl. dazu <strong>und</strong> zum folgenden Zuber, Die Aktion für abgewiesene Asylbewerber (AAA) in der Schweiz, in:<br />

Just (Hrsg.), Asyl von unten, S. 170 ff., 172 ff.<br />

120 Schweizerischer Evangelischer Kirchenb<strong>und</strong> (SEK) (Hrsg.), Widerstand? Christen, Kirchen <strong>und</strong> Asyl, S. 57; vgl.<br />

auch NZZ v. 14.10.1993, S. 21.<br />

121 Werenfels, S. 112; Friederich, Widerstand, Staat <strong>und</strong> Recht, in: Beck Kad<strong>im</strong>a/Huot (Hrsg.), Kirche <strong>und</strong> Asyl, S.<br />

61 ff., 63. Das <strong>Kirchenasyl</strong> begründet kein Aufenthaltsrecht mit Anspruch auf Erteilung eines Ausweises<br />

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