03.12.2012 Aufrufe

Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Missionschefs betreten. Ferner hat der Empfangsstaat nach Art. 22 Abs. 2 WÜD die<br />

besondere Pflicht, die Räumlichkeiten der Mission vor jedem Eindringen zu schützen <strong>und</strong><br />

zu verhindern, dass der Friede der Mission gestört oder ihre Würde beeinträchtigt wird.<br />

Schließlich genießen gemäß Art. 22 Abs. 3 WÜD die Räumlichkeiten der Mission unter<br />

anderem Immunität von jeder Durchsuchung. 108 Da somit ein Eindringen in die<br />

Räumlichkeiten einer Mission verboten ist, wird dadurch ein Flüchtling wenigstens<br />

vorübergehend indirekt geschützt.<br />

Eine unmittelbare Herleitung ist allerdings nicht möglich: die Asylgewährung für Flüchtlinge<br />

steht nicht in direktem Zusammenhang mit den Aufgaben der diplomatischen Mission. 109<br />

Damit können die zum Zwecke der reibungslosen Abwicklung der diplomatischen<br />

Angelegenheiten geregelten Vorrechte der diplomatischen Immunität <strong>und</strong> der<br />

Unverletzlichkeit der diplomatischen Vertretungen von sich aus keine Gr<strong>und</strong>lage für die<br />

Gewährung diplomatischen Asyls darstellen. 110<br />

Zudem lautet Art. 41 Abs. 3 WÜD: „Die Räumlichkeiten der Mission dürfen nicht in<br />

einer Weise benutzt werden, die unvereinbar ist mit den Aufgaben der Mission, wie sie in<br />

diesem Übereinkommen, in anderen Regeln des allgemeinen Völkerrechts oder in<br />

besonderen, zwischen dem Entsendestaat <strong>und</strong> dem Empfangsstaat in Kraft befindlichen<br />

Übereinkünften niedergelegt sind.“ Eine Schutzgewährung für Straftäter des<br />

Empfangsstaates dürfte damit ausgeschlossen sein. 111 Eine Asylgewährung für politisch<br />

Verfolgte aber scheint durch Art. 41 Abs. 3 WÜD nicht verboten zu sein.<br />

Aus der Präambel des WÜD <strong>und</strong> dem Teheraner Geiselfall 112 ergibt sich, dass heute<br />

Repräsentationstheorie <strong>und</strong> Theorie der funktionalen Notwendigkeit zusammen die<br />

108 Nach Art. 30 Abs. 1 WÜD genießt die Privatwohnung des Diplomaten dieselbe Unverletzlichkeit <strong>und</strong><br />

denselben Schutz wie die Räumlichkeiten der Mission. Aber auch diesbezüglich wurde die früher für die<br />

diplomatischen Vorrechte übliche Bezeichnung „Exterritorialität“ aufgegeben, da sie irreführend ist, vgl.<br />

Verdross/S<strong>im</strong>ma, S. 576.<br />

109 Ebenso schon Bulmerincq (S. 134), nach dessen Ansicht die Asylgewährung durch den Gesandten <strong>und</strong><br />

dessen Haus in keinem Bezug zur Unverletzlichkeit des Gesandten stehe (die ja dem Zweck der<br />

Aufrechterhaltung der diplomatischen Beziehungen dient).<br />

110 K<strong>im</strong>minich, <strong>Asylrecht</strong>, S. 35; K<strong>im</strong>minich/Hobe, Völkerrecht, S. 316; ebenso Kitschenberg, S. 84 ff.; von Pollern,<br />

Das moderne <strong>Asylrecht</strong>, S. 94 f. <strong>und</strong> 463; Hailbronner, in: Beitz/Wollenschläger, Handbuch des <strong>Asylrecht</strong>s,<br />

Bd. 1, S. 73. Das diplomatische Asyl ist zwar eng mit der Unverletzlichkeit diplomatischer Vertretungen<br />

verknüpft, geht aber darüber hinaus (Mangas Martín, Asilo Diplomatico, in: García de Enterría (Hrsg.),<br />

Enciclopedia jurídica básica, S. 593. Allein hieraus allerdings zu folgern, die Asylgewährung sei wegen<br />

Verstoßes gegen das Verbot der Zweckentfremdung diplomatischer Missionen nach allgemeinem<br />

Völkerrecht unzulässig (so Göbel-Z<strong>im</strong>mermann, in: Seidl-Hohenveldern, Lexikon des Rechts - Völkerrecht, S.<br />

16), ist zu pauschal. Vgl. auch Schindler, in: Institut de Droit International, Annuaire, 1950, S. 138: Die<br />

diplomatische Immunität <strong>im</strong>pliziere zwar nicht das Recht zur Asylgewährung; aber sie stelle für den<br />

Territorialstaat ein Hindernis dar, selbst Maßnahmen zu ergreifen das Asyl zu beenden.<br />

111 Ipsen, S. 503.<br />

112 C.I.J. Recueil 1979, S. 19, Ziff. 38 (Übersetzung vom Verf.: „In Anbetracht dessen, daß es bei der Führung der<br />

Beziehungen zwischen Staaten kein wesentlicheres Erfordernis gibt als das der Unverletzlichkeit der Diplomaten <strong>und</strong> der<br />

Botschaften, so daß <strong>im</strong> Laufe der Geschichte die Nationen aller Glaubensrichtungen <strong>und</strong> aller Kulturen die gegenseitigen<br />

Verpflichtungen zu diesem Zweck befolgt haben; <strong>und</strong> in Anbetracht dessen, daß die Verpflichtungen, die auf diese Weise<br />

übernommen worden sind, um insbesondere die persönliche Sicherheit der Diplomaten <strong>und</strong> ihre Befreiung von jeglicher<br />

Verfolgung zu garantieren, wesentlich sind, keine Einschränkung zulassen <strong>und</strong> dem repräsentativen Charakter <strong>und</strong> ihrer<br />

diplomatischen Funktion innewohnen.“) <strong>und</strong> 1980, S. 40 <strong>und</strong> 42.<br />

50

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!