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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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staatlichen Angelegenheiten: sie sind kirchlich, soweit sie in Zweckbeziehung zur Kirche<br />

oder Religionsgemeinschaft stehen, <strong>und</strong> staatlich, soweit eine Zweckbeziehung zum Staat<br />

besteht. 360 Zu den gemeinsamen Angelegenheiten von Staat <strong>und</strong> Kirche können nur<br />

solche gezählt werden, bei denen ein Zusammenwirken mit dem anderen Teil rechtlich<br />

notwendig ist, um die von beiden Seiten verfolgten Zwecke durchsetzen zu können. 361<br />

Für die Kirchen ist ein Zusammenwirken mit dem Staat u.a. dann rechtlich notwendig,<br />

wenn sie ihre religiösen Aufgaben unter Zuhilfenahme staatlich übertragener Befugnisse<br />

wahrnehmen wollen. 362<br />

Beispiele für gemeinsame Angelegenheiten sind die Seelsorge in staatlichen Anstalten<br />

(Militärseelsorge, Seelsorge in Strafvollzugsanstalten, Krankenhaus- <strong>und</strong> He<strong>im</strong>seelsorge),<br />

Religionsunterricht in Schulen, die theologischen Fakultäten an den Universitäten, die<br />

kommunalen Friedhöfe <strong>und</strong> das Kirchensteuerrecht.<br />

Die Anstaltsseelsorge ist deshalb eine gemeinsame Angelegenheit, weil die Leitung <strong>und</strong><br />

Verantwortung in den Anstalten dem Staat bzw. dem öffentlichen Anstaltsträger<br />

zustehen, die Seelsorge <strong>und</strong> Abhaltung von Gottesdiensten aber auch in den Anstalten<br />

eine kirchliche Angelegenheit bleiben. 363 Gegen diese Zusammenarbeit von Staat <strong>und</strong><br />

Kirche in der Anstaltsseelsorge bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. 364 Es<br />

kommt aber entscheidend darauf an, dass gegenseitig die unterschiedliche Zielrichtung<br />

kirchlichen <strong>und</strong> staatlichen Handelns gr<strong>und</strong>sätzlich respektiert wird <strong>und</strong> die kirchliche<br />

Unabhängigkeit gewahrt bleibt; nur dann, aber auch gerade dann kann sich in Bereichen<br />

praktischer Zusammenarbeit eine partielle Gemeinsamkeit geregelter rechtlicher<br />

Beziehungen ergeben. 365<br />

Das Modell der Anstaltsseelsorge könnte auch auf das kirchliche Asyl übertragen<br />

werden. Die Asylgewährung bliebe dann unter der Verantwortung des Staates. Lediglich<br />

temporär dürfte die Kirche <strong>im</strong> Rahmen der ihr verliehenen allgemeinen Befugnis<br />

Nichtdeutschen Unterschlupf gewähren, um sicherzustellen, dass ihnen <strong>im</strong> Falle der<br />

Abschiebung keine Gefahren drohen.<br />

Generell empfiehlt es sich, die gemeinsamen Angelegenheiten von Staat <strong>und</strong> Kirche<br />

durch Kirchenvertrag zu regeln. 366<br />

Nach alledem erscheint eine Regelung des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s in Konkordaten bzw.<br />

als Zusatzvereinbarung dazu als der heutigen rechtlichen Ausgestaltung des Staat-Kirche-<br />

Verhältnisses am ehesten angemessen.<br />

360 v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, S. 220.<br />

361 Ehlers, ZevKR 32 (1987), S. 173.<br />

362 Ehlers, ZevKR 32 (1987), S. 174.<br />

363 v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, S. 224.<br />

364 v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, S. 224.<br />

365 Vgl. v. Campenhausen, Staatskirchenrecht, S. 224.<br />

366 Ehlers, ZevKR 32 (1987), S. 182.<br />

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