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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Die Begründung mag den Leser erstaunen. Es kommt nicht oft vor, dass die Kirche<br />

von sich aus auf ein von ihr beanspruchtes Recht verzichtet, <strong>und</strong> dies auch noch mit der<br />

Begründung, man bedürfe dieses Rechtes gar nicht.<br />

Im 1980 herausgegebenen „Schema Codicis Iuris Canonici“ wurde <strong>im</strong> can. 1164 an die<br />

Best<strong>im</strong>mung des früheren can. 1160 CIC/1917 angeknüpft: „Potestatem sacram auctoritas<br />

ecclesiastica in locis sacris libere exercet.“ 270 Der <strong>im</strong> Schema von 1977 noch enthaltene can. 14<br />

(kirchliches <strong>Asylrecht</strong>), der entsprechend der Systematik nach dem can. 1171 des Schemas<br />

von 1980 hätte kommen müssen, fehlt gänzlich.<br />

Die Entstehungsgeschichte des neuen Codex bildet ein Indiz dafür, dass die<br />

katholische Kirche den Gr<strong>und</strong>satz-Anspruch, kirchliches Asyl zu gewähren, aufgegeben<br />

hat. 271 Dennoch stellt sich die Frage, ob das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> nicht dennoch aus dem<br />

CIC/1983 ableitbar ist.<br />

b) <strong>Kirchliches</strong> <strong>Asylrecht</strong> <strong>im</strong> CIC/1983?<br />

Im CIC/1983 hätte das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> nach can. 1220 erscheinen müssen, aber<br />

wie bereits dargelegt, sucht man <strong>im</strong> nun gültigen CIC vergeblich nach einem<br />

<strong>Asylrecht</strong>sartikel.<br />

Mit Inkrafttreten des neuen Codex von 1983 wurde gemäß dessen can. 6 § 1 Nr. 1 der<br />

<strong>im</strong> Jahr 1917 promulgierte Codex Iuris Canonici aufgegeben, so dass auch can. 1179<br />

CIC/1917 seine Gültigkeit verlor. 272<br />

Gewohnheitsrecht, das unter Geltung des CIC/1917 - sec<strong>und</strong>um legem - das kirchliche<br />

<strong>Asylrecht</strong> anerkannt hat, wurde mit Inkrafttreten des CIC/1983 zum Gewohnheitsrecht<br />

praeter legem <strong>und</strong> blieb als solches gem. can. 5 § 2 CIC/1983 bestehen. 273 Derartige das<br />

kirchliche <strong>Asylrecht</strong> in einem best<strong>im</strong>mten Gebiet aufrechterhaltende Gewohnheitsrechte<br />

dürften jedoch allenfalls vereinzelt vorkommen.<br />

Daher bleibt lediglich die Möglichkeit zu untersuchen, ob sich aus anderen Canones<br />

ein kirchliches <strong>Asylrecht</strong> herleiten lässt - insbesondere dadurch, dass einzelne<br />

Bedingungsfaktoren des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s auch <strong>im</strong> CIC/1983 erscheinen.<br />

antiquiert <strong>und</strong> wird selbst dort, wo es bislang konkordatsrechtlich gesichert ist, aufgegeben werden. Es ist<br />

nicht Sache eines Gesetzgebers, historische Erinnerungen wachzuhalten.“ S. Göbel, S. 125, Fn. 102.<br />

270 Pontificia Commissio Codici Iuris Canonici Recognoscendo, Schema Codicis Iuris Canonici, S. 261.<br />

271 Jacobs, ZevKR 35 (1990), S. 33.<br />

272 Ebenso: Riedel-Spangenberger, in: v. Campenhausen / Riedel-Spangenberger / Sebott (Hrsg.), Lexikon für Kirchen-<br />

<strong>und</strong> Staatskirchenrecht, Bd. 1, S. 175.<br />

273 Caron, Asilo (diritto di), III) Diritto Canonico, in: Enciclopedia giuridica (Treccani), Bd. III, 1988, S. 2.<br />

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