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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Wenn das <strong>Kirchenasyl</strong> öffentlich stattfindet <strong>und</strong> den Behörden mitgeteilt wird, machen<br />

sich die <strong>Kirchenasyl</strong> Gewährenden nach niederländischem Recht nicht strafbar. 135<br />

Aus der Sicht des Netzwerks INLIA ist - jedenfalls bis 1993 - in den Niederlanden in<br />

jedem der Fälle (!) letztendlich ein positiver Ausgang erzielt worden. 136 Damit ist das<br />

<strong>Kirchenasyl</strong> in den Niederlanden weitaus erfolgreicher als das in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland gewährte.<br />

d) Frankreich<br />

Am 18. März 1996 besetzten etwa 220 Afrikaner 137 (sans-papiers = „Illegale“, Personen<br />

ohne gültige Aufenthaltstitel) die Kirche Saint-Ambroise in Paris 138 <strong>und</strong> später, vom 28.<br />

Juni 1996 an, die Kirche Saint-Bernard <strong>im</strong> Norden von Paris. 139 Mittels der<br />

Kirchenbesetzung wollten sie auf ihre Lage aufmerksam machen <strong>und</strong> die Erteilung von<br />

Aufenthaltsgenehmigungen erwirken. Um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen,<br />

begannen am 5. Juli 1996 zehn von ihnen einen Hungerstreik. Ab dem 16. August 1996<br />

wachten jede Nacht H<strong>und</strong>erte von Menschen aus Solidarität mit den sans-papiers von<br />

Saint-Bernard vor der Kirche <strong>und</strong> in der Kirche, da die vom Innenminister gesetzte Frist<br />

für die Räumung der Kirche abgelaufen war <strong>und</strong> man daher davon ausging, dass die<br />

gewaltsame Räumung unmittelbar bevorstand. Am 21. August 1996 beriet der<br />

Premierminister mit neun Minstern über die sans-papiers von Saint-Bernard. Am selben<br />

Tag bat der französische Innenminister den Conseil d’Etat um eine Stellungnahme zur<br />

Anwendung der 1993 verschärften Ausländergesetze (lois Pasqua). Der Conseil d’Etat stellte<br />

tags darauf fest, dass es ein „Recht auf Legalisierung“ nicht gebe.<br />

Kurz darauf, am 23. August 1996, um 7.30 Uhr, ließ die französische Regierung die<br />

Kirche durch die Polizei (etwa 1000 bis 1500 Polizisten) räumen. Die französische Polizei<br />

brach, während in der Kirche eine Messe gefeiert wurde, gewaltsam die Kirchentüren<br />

auf. 140 Das Aufbrechen der Tore mit Äxten bezeichnete Fr. Jean François Berjonnaux,<br />

Sekretär der Kommission für Migration der französischen Bischofskonferenz, als „brutal<br />

<strong>und</strong> offensiv“, auch wegen des Symbolgehalts als eine Attacke gegen „ein heiliges<br />

Gebäude, einen Ort, der in der Geschichte <strong>im</strong>mer ein Symbol des Willkommens <strong>und</strong> der<br />

Gastfre<strong>und</strong>schaft war“. 141 Die Polizeiaktion war trotz der Dialogbereitschaft <strong>und</strong> eines<br />

135 Gutheil, in: Just (Hrsg.), Asyl von unten, S. 177 ff., 180.<br />

136 Gutheil, in: Just (Hrsg.), Asyl von unten, S. 177 ff., 181 f.<br />

137 Nach anderen Angaben waren es 300 Afrikaner.<br />

138 Vgl. dazu Herder Korrespondenz 1996, S. 267.<br />

139 Die Besetzung der Kirche Saint-Ambroise beendeten die Ordnungskräfte am 22. März gegen 5.30 Uhr.<br />

Bis zur Besetzung der Kirche Saint-Bernard hielten sich die sans-papiers an verschiedenen Orten auf. Die<br />

folgenden Informationen beruhen <strong>im</strong> wesentlichen auf: Klein, <strong>Asylrecht</strong> in Frankreich <strong>und</strong> Deutschland -<br />

Ein Vergleich (Kapitel 3.4.4. <strong>Kirchenasyl</strong>? - Die sans-papiers de Saint-Bernard), S. 49 f.<br />

140 Zu den Reaktionen der Kirchenvertreter, v.a. des Pariser Erzbischofs, Kardinal Lustiger vgl. Blume, AWR-<br />

Bulletin 1996, S. 204 f.<br />

141 Blume, AWR-Bulletin 1996, S. 204 f.<br />

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