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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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2. Kapitel: <strong>Kirchliches</strong> <strong>Asylrecht</strong><br />

A. Begriff <strong>und</strong> Formen des Asyls sowie Einordnung des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s<br />

I. Begriff des Asyls<br />

Der Begriff „Asyl“ ist griechischen Ursprungs. 1 Den Griechen war die Institution des<br />

Asyls als solche bekannt. Tatsächlich finden sich in den Quellen zahlreiche Hinweise auf<br />

die griechische Asylie. Das Heiligtum der Götter galt als unverletzlich, als asylon. Wer<br />

dorthin floh, war an dieser heiligen Stätte ebenfalls unverletzlich <strong>und</strong> sicher: asylos. Er<br />

stand unter dem Schutz der Gottheit <strong>und</strong> durfte vom Tempel nicht gewaltsam entfernt<br />

werden. 2 Asylon ist also zu verstehen als ein Ort, aus dem niemand gewaltsam<br />

herausgeholt werden darf - als Freistatt, Freistätte, Asyl.<br />

Das Asyl ist demnach negativ zu best<strong>im</strong>men, <strong>und</strong> zwar als Verbot eines best<strong>im</strong>mten<br />

Verhaltens.<br />

Während die etymologische Herkunft des Wortes „Asyl“ <strong>im</strong> Dunkeln bleibt, 3 lassen<br />

sich dessen Inhalt <strong>und</strong> Bedeutung klarer erfassen. Hier gibt es zwei mögliche<br />

Betrachtungsweisen: 4<br />

1. Asyl meint zunächst den Schutz vor Verfolgung <strong>und</strong> Gewalt am (heiligen) Ort<br />

selbst.<br />

2. Asyl beinhaltet zusätzlich, dass von dem (heiligen) Ort niemand (gewaltsam) entfernt<br />

werden darf.<br />

Nach der ersten Ansicht wäre es also unmöglich, den Flüchtling vom heiligen Ort<br />

herauszuziehen, dagegen aber möglich, ihn am heiligen Ort selbst zu verletzen <strong>und</strong> zu<br />

töten. Eine derartige Vorstellung dürfte jedoch allen Völkern fremd gewesen sein, denn<br />

dadurch würde die Reinheit der Kultstätte nicht gewahrt. Die zweite Ansicht schließt es<br />

sowohl aus, dass der Flüchtling vom Heiligtum entfernt wird, als auch, dass er am heiligen<br />

Ort verletzt wird. Diese Betrachtungsweise beinhaltet folglich eine vollkommene<br />

Unverletzlichkeit, die der Bedeutung <strong>und</strong> dem Sinn des Wortes „Asyl“ wesentlich näher<br />

kommt als erstere. 5 Demzufolge spricht vieles dafür, dass die oben genannte zweite<br />

1 Vgl. zum Ursprung des Asylbegriffs näher v. Pollern, Das moderne <strong>Asylrecht</strong>, S. 48 f.<br />

2 Nach Schlesinger (S. 10) bedeutet „asylos“ zunächst nichts anderes als „von einer Gewalttat irgendwelcher<br />

Art unversehrt“.<br />

3 Zu Erklärungsansätzen Bulmerincq, S. 32, Fn. 2.<br />

4 Reale, S. 475. Vgl. auch Bulmerincq, S. 32, Fn. 2, Mittermeier, S. 6 sowie Siebold, S. 4.<br />

5 Ebenso Bulmerincq, S. 32, Fn. 2.<br />

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