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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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auch das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> als weitere Erscheinungsform des internen Asyls bis in<br />

unsere Tage hinein Geltung beanspruchen darf. 295<br />

Zu diesem Ergebnis ließe sich allerdings nur dann gelangen, wenn eine rechtliche<br />

Analogie des kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s zum diplomatischen <strong>Asylrecht</strong> gezogen werden<br />

könnte.<br />

Eine Analogie zum diplomatischen <strong>Asylrecht</strong> setzt voraus, dass mehrere, allgemein für<br />

den Analogieschluss erforderliche Voraussetzungen vorliegen. Erstens muss eine<br />

planwidrige Gesetzeslücke gegeben sein. Zweitens muss der zu regelnde Sachverhalt eine<br />

Ähnlichkeit mit dem geregelten Sachverhalt haben. Und drittens muss sich aus der<br />

Planwidrigkeit der Lücke das Bedürfnis einer ergänzenden Regelung ergeben.<br />

Zwischen dem kirchlichen Asyl <strong>und</strong> dem diplomatischen Asyl bestehen<br />

Ähnlichkeiten. 296<br />

Es könnte allerdings zweifelhaft sein, ob eine planwidrige Gesetzeslücke gegeben ist.<br />

Der säkulare Staat kann von sich aus das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> nicht begründen. Er vermag<br />

es lediglich anzuerkennen, wenn es von der Kirche als solches beansprucht worden ist.<br />

Zwar besteht heute noch das diplomatische Asyl als internes Asyl fort. Das diplomatische<br />

Asyl ist aber eng verknüpft mit den zwischenstaatlichen Beziehungen, die in einer<br />

modernen Welt unabdingbar sind. Ganz anders sieht es dagegen mit dem kirchlichen<br />

<strong>Asylrecht</strong> aus. Die modernen Staaten tendieren dazu, den Einfluss der Kirchen auf die<br />

Politik zu begrenzen <strong>und</strong> Kirche <strong>und</strong> Staat - mehr oder weniger - zu trennen. Für den<br />

Staat ist daher das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> von keinerlei Bedeutung oder Nutzen. Allerdings<br />

dient auch das diplomatische Asyl nicht der Funktionsfähigkeit der Botschaft <strong>und</strong> dem<br />

reibungslosen Ablauf der zwischenstaatlichen Beziehungen; es belastet diese sogar<br />

bisweilen. Dennoch ist anerkannt, dass aus humanitären Gründen Flüchtlinge in einer<br />

Botschaft aufgenommen werden können.<br />

Derselbe humanitäre Beweggr<strong>und</strong> steckt auch hinter der kirchlichen Asylgewährung.<br />

Menschen werden geschützt, die - nach Ansicht der Asylgewährenden - bei ihrer<br />

Abschiebung an Leib oder Leben bedroht sind. Der entscheidende Unterschied beider<br />

Fallgestaltungen ist jedoch, dass be<strong>im</strong> diplomatischen Asyl es durchaus vorkommen kann,<br />

dass der Empfangsstaat Menschenrechte mit Füßen tritt <strong>und</strong> der Ausweg in der Flucht<br />

auf das Gelände einer ausländischen Botschaft gesehen wird. Das diplomatische Asyl fügt<br />

sich demnach in die Vorstellung von der Universalität der Menschenrechte ein. Da es<br />

aber bei der kirchlichen Asylgewährung für Nichtdeutsche zumindest mittelbar um die<br />

Menschenrechte geht, die der Staat, in den abgeschoben werden soll, vorgeblich<br />

missachtet, handelt es sich auch in diesem Fall um den Schutz vor<br />

Menschenrechtsverletzungen. Dennoch kann von einer planwidrigen Gesetzeslücke nicht<br />

295 S. zu den Parallelen <strong>und</strong> Unterschieden zwischen kirchlichem <strong>und</strong> diplomatischem Asyl eingehend Ségur,<br />

S. 103 ff., der (S. 107) den Schluss zieht, das kirchliche Asyl könne nach internationalem Recht - als<br />

Ausfluss internationalen Gewohnheitsrechts oder internationaler Abkommen - nicht anerkannt werden.<br />

296 Doehring, S. 112.<br />

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