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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Nicht zuletzt auf <strong>Kirchenasyl</strong> gewährende Gemeinden scheinen folgende Worte des<br />

Katholischen Erwachsenen-Katechismus zuzutreffen: 111 „Von der Ausübung der<br />

Gewissensfreiheit kann in Gesellschaft <strong>und</strong> Kirche eine erneuernde Kraft ausgehen <strong>und</strong><br />

ein tieferes Gespür für mehr Menschlichkeit entwickelt werden. Große Impulse zur<br />

Änderung des Bewußtseins gehen in der Weltgeschichte wie in der Kirchengeschichte<br />

häufig von einzelnen Personen oder von kleinen Gruppen <strong>und</strong> Gemeinschaften aus, die<br />

sich vom Anruf ihres persönlichen Gewissens leiten lassen.“<br />

Entspringt das Gewähren von <strong>Kirchenasyl</strong> einer Gewissensentscheidung, so liegt eine<br />

von Art. 4 Abs. 1 GG geschützte Gewissensbetätigung vor. 112<br />

2. Eingriff in den Schutzbereich<br />

Das moderne Gr<strong>und</strong>rechtsverständnis weitet die vier Kriterien des klassischen<br />

Eingriffsbegriffes aus. Eingriff ist also jedes - zurechenbare - staatliche Handeln, das dem<br />

einzelnen ein Verhalten, das in den Schutzbereich eines Gr<strong>und</strong>rechts fällt, ganz oder<br />

teilweise unmöglich macht, gleichgültig ob diese Wirkung final oder unbeabsichtigt,<br />

unmittelbar oder mittelbar, rechtlich oder tatsächlich, mit oder ohne Befehl <strong>und</strong> Zwang<br />

erfolgt. 113<br />

a) Durchsuchung<br />

Bezüglich der Durchsuchung sind die <strong>Kirchenasyl</strong> Gewährenden Adressaten der<br />

polizeilichen, staatlichen Handlung. Die Durchsuchung stellt also einen Eingriff in den<br />

Schutzbereich des Art. 4 GG dar.<br />

b) Abschiebung<br />

Anders ist dies bei der Abschiebung. Deren Adressat ist der Ausländer, nicht aber<br />

diejenigen, die ihm <strong>Kirchenasyl</strong> gewähren. Letztere sind lediglich Drittbetroffene. Der<br />

weite Eingriffsbegriff erfasst jedoch auch diese mittelbare Beeinträchtigung, so dass auch<br />

111 Deutsche Bischofskonferenz (Hrsg.), Katholischer Erwachsenen-Katechismus, 2. Bd., S. 144.<br />

112 Ebenso Bayer, S. 251 f.; 270.<br />

113 Pieroth/Schlink, Gr<strong>und</strong>rechte Staatsrecht II, Rn. 240. Vgl. zur Kritik am klassischen Eingriffsbegriff auch<br />

Sachs, in: Sachs (Hrsg.), GG, Vor Art. 1, Rn. 83 ff.<br />

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