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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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aufrechterhalten angesehen werden. Das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> kann durchaus als eine<br />

Materie betrachtet werden, die sich auf kirchliche Dinge (Kirchengebäude) bezieht. Dafür<br />

spricht, dass can. 1179 CIC/1917 in das dritte Buch des CIC/1917 eingeordnet wurde,<br />

welches betitelt ist: „De rebus“ (Von den Dingen). Das zweite Buch des CIC/1917 trägt<br />

den Titel: „De personis“ (Von den Personen). Dennoch dürfte sich Art. 33 Abs. 1 des<br />

Reichskonkordats ausschließlich auf den innerkirchlichen Bereich beziehen; denn es ist<br />

schwerlich anzunehmen, dass die religionsfeindlich eingestellten Nationalsozialisten der<br />

katholischen Kirche über diese Norm ein „Einfallstor“ gewähren wollten, über das eine<br />

Geltung kirchlicher Normen über den kirchlichen Bereich hinaus hätte erreicht werden<br />

können. Selbst wenn man aber davon ausginge, Art. 33 Abs. 1 des Reichskonkordats ziele<br />

auch auf das kirchliche <strong>Asylrecht</strong> ab als eine Materie, die kirchliche Dinge regelt, so kann<br />

heute dennoch nicht die Ansicht vertreten werden, die Norm gewähre der Kirche das<br />

kirchliche <strong>Asylrecht</strong>. Denn Art. 33 Abs. 1 des Reichskonkordats verweist auf das<br />

„geltende kanonische Recht“. Eine solche allgemeine Verweisung ist zwar doppeldeutig: in<br />

manchen Konkordaten soll damit auf das bei Vertragsabschluß geltende Recht verwiesen<br />

werden, in anderen auf das jeweils geltende Recht. Das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

bestätigte in einer Entscheidung 294 die Fortgeltung des Reichskonkordats vom 20. Juli<br />

1933 auch unter dem Gr<strong>und</strong>gesetz.<br />

Die Frage, was die Verfasser des Reichskonkordates <strong>im</strong> Sinn hatten, kann hier jedoch<br />

offen bleiben, da das kanonische Recht <strong>im</strong> CIC/1983 am kirchlichen <strong>Asylrecht</strong> nicht<br />

mehr festhält <strong>und</strong> der CIC/1983 den Vorgänger-Codex aus dem Jahre 1917 vollständig<br />

abgelöst hat.<br />

4. Begründung eines kirchlichen <strong>Asylrecht</strong>s für Nichtdeutsche durch Analogie?<br />

a) Analogie nach dem CIC/1917?<br />

Wie bereits ausgeführt, statuiert der CIC/1917 in seinem can. 1179 ausschließlich das<br />

kirchliche <strong>Asylrecht</strong> bezüglich Straftätern. Die Frage der Nationalität der zu Schützenden<br />

wird nicht behandelt. Ob lediglich deutsche Straftäter oder auch nichtdeutsche Straftäter<br />

Schutz genießen sollen, bleibt offen. Diese Frage muss hier aber nicht beantwortet<br />

werden. Denn jedenfalls sollten Nichtdeutsche, die keine Straftaten begangen hatten, nicht<br />

in den persönlichen Schutzbereich fallen. Die Mehrzahl der Ausländerinnen <strong>und</strong><br />

Ausländer war danach vom Schutzbereich des can. 1179 CIC/1917 nicht erfasst. Die<br />

Fragestellung lautet also: Wenn Nichtdeutsche von can. 1179 CIC/1917 nicht geschützt<br />

werden sollten, bestand deren Schutz dann kraft Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie oder<br />

gewohnheitsrechtlich? Gesetzes- bzw. Rechtsanalogie nach can. 20 CIC/1917 scheidet<br />

294 BVerfGE 6, 309 ff.<br />

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