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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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des R<strong>und</strong>schreibens darauf hin, dass es ein Kirchen-Asyl-Recht weder nach kirchlichem<br />

Recht noch nach staatlichem öffentlichem Recht gebe, was auch von den öffentlichrechtlichen<br />

Kirchen ebenso beurteilt werde. Deshalb handle es sich bei der Vereinbarung<br />

um eine gegenseitige Vertrauensäußerung, die dazu dienen solle, Einzelfälle in einem<br />

geordneten Verfahren zu besprechen <strong>und</strong>, falls möglich, einer einvernehmlichen Lösung<br />

zuzuführen. Dennoch enthält die Vereinbarung bemerkenswerte Anklänge an das<br />

kirchliche <strong>Asylrecht</strong>, die es nahelegen, den vollständigen Wortlaut hier wiederzugeben:<br />

„1. Bereits <strong>im</strong> Vorfeld einer möglichen Aufnahme in der Kirchengemeinde sucht die Kirche den<br />

Kontakt mit den zuständigen staatlichen Stellen <strong>und</strong> trägt nachprüfbare Fakten vor, die belegen sollen,<br />

daß die Asylsuchenden bei einer Rückkehr oder Abschiebung in das Herkunftsland ernsthaft an Leib,<br />

Leben oder Freiheit gefährdet sind. Ziel dieser Verhandlung <strong>im</strong> Vorfeld einer Aufnahme in einer<br />

Kirchengemeinde ist es, Möglichkeiten einer ausländerrechtlichen Lösung des Falls zu suchen.<br />

2. Beschließt das Presbyterium einer Kirchengemeinde, Asylsuchenden ohne Aufenthaltsstatus in ihren<br />

Räumen Aufenthalt zu gewähren, informiert die Kirchengemeinde unverzüglich die zuständige<br />

Ausländer- <strong>und</strong> Sozialbehörde.<br />

3. Die Kirchengemeinde bittet die Ausländerbehörde, in eine erneute Prüfung unter Würdigung der<br />

von der Kirchengemeinde vorgetragenen Fakten einzutreten <strong>und</strong> für die Zeit dieser Prüfung von<br />

aufenthaltsbeendenden Maßnahmen abzusehen. Ab diesem Zeitpunkt werden keine Leistungen nach dem<br />

Asylbewerberleistungsgesetz mehr erbracht.<br />

4. Hält die Ausländerbehörde - nach einer Prüfung der von der Kirchengemeinde vorgelegten Fakten -<br />

an einer Abschiebung fest, informiert sie die Kirchengemeinde über diese Entscheidung vor eventuellen<br />

aufenthaltsbeendenden Maßnahmen. Nach der Rechtslage ist ein weiterer zeitlicher Aufschub von<br />

aufenthaltsbeendenden Maßnahmen nicht mehr möglich.“<br />

In Nr. 2 wird faktisch die Möglichkeit eines Beschlusses anerkannt, durch den<br />

<strong>Kirchenasyl</strong> gewährt wird.<br />

Nr. 3 enthält deutliche Anknüpfungen an das Institut der Interzession. 378<br />

Wenn in Nr. 4 davon die Rede ist, dass <strong>im</strong> Falle des Festhaltens an einer Abschiebung<br />

die Kirchengemeinde über die Entscheidung vor eventuellen aufenthaltsbeendenden<br />

Maßnahmen informiert wird, so lässt diese Formulierung an das bereits erwähnte<br />

Konkordat des Heiligen Stuhls mit Italien vom 18. Februar 1984 denken. Art. 5 Abs. 2<br />

statuiert grds. eine Benachrichtigungspflicht, wenn die öffentliche Gewalt in Gebäude, die<br />

dem Kultus offen sind, eintreten wollen.<br />

wortgleiche Vereinbarung hatte die Evangelische Kirche <strong>im</strong> Rheinland bereits zwei Jahre zuvor mit der<br />

nordrhein-westfälischen Landesregierung getroffen, s. Publik-Forum Nr. 8 v. 25.4.1997, S. 26. Kritisch<br />

zum „Absprache-Modell“ von Rheinland-Pfalz Bammann, S. 192 ff.<br />

378 Vgl. bereits Roßkopf, AWR-Bulletin 1996, S. 106, der einen Lösungsvorschlag unterbreitete<br />

(„Interzessionslösung“), welcher Ähnlichkeiten mit dem vereinbarten Clearingverfahren „<strong>Kirchenasyl</strong>“<br />

aufweist, allerdings eine Kostenerstattung (der Kosten für Unterkunft, Versorgung, Verfahrenskosten etc.)<br />

zugunsten der Kirche(n) vorsieht, falls die ursprüngliche Abschiebeentscheidung revidiert würde.<br />

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