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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Anerkennung versagt. 83 Die Unabhängigkeit des Gesandten von der Macht des<br />

Aufnahmestaates konnte <strong>im</strong> Laufe der Zeit nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie<br />

tatsächlich zur wirksamen Vertretung <strong>im</strong> fremden Land erforderlich war. Der Schutz für<br />

Straftäter - selbst wenn sie nicht zum Gefolge des Gesandten gehörten - war pr<strong>im</strong>a facie<br />

nicht innerhalb des Auftrags des Gesandten: es stand in gar keiner Beziehung zu seiner<br />

Mission, sondern widersprach ihr sogar, wenn der Gesandte seine Privilegien dazu<br />

benutzte, die Rechtsverfolgung <strong>im</strong> Aufnahmestaat zu hindern. 84<br />

Neben der Herleitung des diplomatischen Asyls aus dem innerstaatlichen Recht gab es<br />

auch Versuche, es unmittelbar aus dem Völkerrecht zu deduzieren. 85 Dem widersetzte<br />

sich unter anderen Autoren Grotius: Seiner Ansicht nach hinge die Frage, ob der Gesandte<br />

in seinem Hause Flüchtlingen ein Asyl gewähren dürfe, von der Bewilligung dessen ab,<br />

bei dem er beglaubigt sei; das Völkerrecht enthalte darüber keine allgemeine Regel. 86<br />

Im Laufe der Entwicklung des Völkerrechts wurden verschiedene Theorien entwickelt,<br />

welche die diplomatischen Vorrechte <strong>und</strong> Immunitäten betreffen <strong>und</strong> auch auf die<br />

Begründung diplomatischen Asyls von Einfluss sind.<br />

(2) Die Lehre von der Exterritorialität<br />

Das diplomatische Asyl könnte sich zunächst auf die Exterritorialität der Mission <strong>und</strong><br />

ihrer Räumlichkeiten stützen. Wenn ein Flüchtling die Botschaft erreichte, so könnte er<br />

an dieser Exterritorialität teilhaben.<br />

In der Neuzeit gelangte die Theorie der Exterritorialität des Gesandten selbst zum<br />

Durchbruch, d.h. der Gesandte war ab dem Zeitpunkt seiner Akkreditierung von der<br />

Herrschaft <strong>und</strong> Territorialgewalt des Aufnahmestaates frei. 87 Damit wird der tatsächliche<br />

Aufenthalt auf fremdem Gebiet aus rechtlicher Sicht negiert <strong>und</strong> gleichzeitig der<br />

fortbestehende Aufenthalt <strong>im</strong> Entsendestaat fingiert. 88 Nach Hugo Grotius 89 findet die<br />

Fiktion in zwei Richtungen statt. Zum einen gelten Gesandte als außerhalb des Landes<br />

wohnend (extra territorium), zum anderen sind sie ausschließlich dem Herrscher ihres<br />

He<strong>im</strong>atstaates unterworfen. Seit dem Ende des 15. Jahrh<strong>und</strong>erts traten an eine Örtlichkeit<br />

geb<strong>und</strong>ene Gesandtschaften auf. Nach <strong>und</strong> nach wurde die Unverletzlichkeit des<br />

Gesandten auf dessen Sitz (sog. Quartierfreiheit), Mobiliar, Fahrzeug <strong>und</strong> Gefolge<br />

83 Vgl. dazu Dann, S. 364 f.<br />

84 Vgl. Bulmerincq, S. 126.<br />

85 Vgl. Bulmerincq, S. 127.<br />

86 Schätzel (Hrsg.), Hugo Grotius, De jure belli ac pacis, Zweites Buch, 18. Kapitel, VIII. 2., S. 315.<br />

87 Bulmerincq, S. 123 <strong>und</strong> 126.<br />

88 Bulmerincq, S. 124.<br />

89 Schätzel (Hrsg.), Hugo Grotius, De jure belli ac pacis, Zweites Buch, 18. Kapitel, IV. 5., S. 312.<br />

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