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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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1. Kapitel: <strong>Kirchenasyl</strong> am Ende des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> zu Beginn des<br />

21. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

A. <strong>Kirchenasyl</strong>gewährung - die aktuelle Situation: eine Bestandsaufnahme<br />

Am <strong>Kirchenasyl</strong> scheiden sich die Geister. Die Bandbreite reicht von der vehementen<br />

Forderung nach Bestrafung der <strong>Kirchenasyl</strong> Gewährenden, zum Teil sogar als „Bande“<br />

i.S.v. § 92 a Abs. 2 AuslG 1 oder „kr<strong>im</strong>inelle Vereinigung“ (§ 129 StGB), über die bissige<br />

Bemerkung, Gotteshäuser würden zu kindlichen „Asyl“-Spektakeln an ungeeigneten<br />

Objekten benutzt, 2 bis hin zur Verleihung von Preisen an denselben Personenkreis. So<br />

wurde beispielsweise dem Ökumenischen <strong>Kirchenasyl</strong>netz Bayern - stellvertretend für alle<br />

<strong>Kirchenasyl</strong>gruppen <strong>im</strong> Land - am 31. Januar 1997 der „Josef-Felder-Preis für<br />

Gemeinwohl <strong>und</strong> Zivilcourage 1996“ verliehen. 3 Bemerkenswert ist auch die Verleihung<br />

des „Dietrich-Bonhoeffer-Preises“ an die Ökumenische B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft „Asyl<br />

in der Kirche“ am 5. April 1998. 4<br />

<strong>Kirchenasyl</strong>fälle haben schon Petitionsausschüsse <strong>und</strong> Landtage beschäftigt. Sie sind<br />

aber auch in das Bewusstsein der Öffentlichkeit gerückt. Im Juli 1994 veranstaltete das<br />

Forsa-Institut eine Meinungsumfrage zum <strong>Kirchenasyl</strong>, in der sich 62 % der Befragten für<br />

das <strong>Kirchenasyl</strong> aussprachen <strong>und</strong> folgenden Satz befürworteten: „Von Abschiebung<br />

bedrohte Flüchtlinge sollten unter best<strong>im</strong>mten humanitären Umständen in Kirchen ein<br />

Asyl finden“. 5<br />

Spektakulär war der Einsatz der Benediktinerinnen der niedersächsischen Abtei St.<br />

Scholastika auf Burg Dinklage bei Vechta. 6 Sie wollten für eine dreiköpfige ukrainische<br />

Familie einen späteren Abschiebe-Termin erreichen, um ihr die Ausreise nach Kanada zu<br />

1 So Maaßen, in: B<strong>und</strong>esamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge (Hrsg.), Asylpraxis, Bd. 3, S. 13 ff., 50;<br />

ders., in: KuR 1997, S. 44.<br />

2 So Quaritsch, S. 52.<br />

3 Vgl. SZ v. 1./2.2.1997, S. 48.<br />

4 FAZ v. 6.4.1998, S. 8; Die Welt v. 6.4.1998, S. 2; Just, B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche:<br />

Tätigkeitsbericht 1998/99, in: Evangelische Akademie Mülhe<strong>im</strong>/Ruhr (Hrsg.), <strong>Kirchenasyl</strong> in der Spannung<br />

zwischen Recht <strong>und</strong> kirchlichem Auftrag, S. 62 ff., 71. Der Preis wurde erstmals verliehen.<br />

5 Vgl. Just, B<strong>und</strong>esarbeitsgemeinschaft Asyl in der Kirche: Tätigkeitsbericht 1998/99, in: Evangelische Akademie<br />

Mülhe<strong>im</strong>/Ruhr (Hrsg.), <strong>Kirchenasyl</strong> in der Spannung zwischen Recht <strong>und</strong> kirchlichem Auftrag, S. 62 ff., 63<br />

sowie Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik e.V. (Hrsg.), Trotz der Thesen des Rates der EKD: Die<br />

Legit<strong>im</strong>ität von Kirchen-Asyl bleibt auch weiterhin umstritten, epd-Dokumentation Nr. 43/94, S. 13. Vgl.<br />

demgegenüber das Ergebnis der ebenfalls <strong>im</strong> Juli durchgeführten Umfrage des Allensbacher Instituts für<br />

Demoskopie, das allerdings maßgeblich von der nicht neutralen Fragestellung beeinflusst war: 29 % pro<br />

<strong>Kirchenasyl</strong>, 55 % dagegen, vgl. allensbacher berichte Nr. 26/1994 <strong>und</strong> Deutsche Tagespost v. 3.11.1994,<br />

S. 2.<br />

6 Vgl. dazu SZ v. 19./20.Juli 1997, S. 6; SZ v. 23.7.1997, S. 2; SZ v. 30.7.1997, S. 5. Ausführlich FAZ v.<br />

22.7.1997, S. 2.<br />

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