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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Qualifikationskompetenz besitzt. 133 Demgegenüber obliegt es dem Territorialstaat den<br />

Beweis zu erbringen, dass der Flüchtling nicht wegen politischer Straftaten, sondern<br />

wegen gewöhnlicher Straftaten angeklagt <strong>und</strong> verurteilt wurde. 134<br />

Asyl schützt nach Ansicht des IGH den politischen Straftäter gegen augenscheinliche<br />

extra-legale, willkürliche Maßnahmen einer Regierung; auf der anderen Seite kann die<br />

Sicherheit des diplomatischen Asyls keinen Schutz gegen die gewöhnliche Anwendung<br />

der Gesetze <strong>und</strong> gegen die Rechtsprechung legal errichteter Gerichte begründen. Denn<br />

der diplomatische Vertreter würde ansonsten autorisiert, die Anwendung der Gesetze des<br />

Staates zu blockieren, die er pflichtgemäß respektieren muss. 135<br />

Im Asylum Case hat der IGH allerdings die Existenz eines diplomatischen <strong>Asylrecht</strong>s <strong>im</strong><br />

(regional-südamerikanischen) Völkergewohnheitsrecht - genauer: der Möglichkeit des<br />

asylgewährenden Staates (Kolumbien), einseitig <strong>und</strong> für den Territorialstaat bindend das<br />

Delikt des Asylsuchenden zu qualifizieren - mit der Begründung abgelehnt, dass der Staat<br />

Peru - selbst wenn man eine derartige Gewohnheit (konstante <strong>und</strong> einheitliche Übung)<br />

unterstellte - das Asyl anerkannt habe, ohne das Bewusstsein zu haben, damit irgendeine<br />

Rechtsverpflichtung einzugehen. 136 Der IGH interpretiert damit das diplomatische Asyl<br />

restriktiv, er lehnt das diplomatische Asyl als Rechtsinstitut jedoch nicht ab. 137<br />

Der IGH umschreibt die Gewährung diplomatischen Asyls als einen Zustand des<br />

Schutzes, der solange andauert, als der Flüchtling sich in der Botschaft befindet. 138 Nach<br />

der Konvention von Havanna sei das diplomatische Asyl eine vorläufige Maßnahme zum<br />

vorübergehenden Schutz von politischen Straftätern. 139 Jedoch ist, wenn das Asyl zu<br />

Unrecht gewährt wurde, der Empfangsstaat berechtigt, die Beendigung der<br />

Asylgewährung zu verlangen; eine Pflicht Kolumbiens, Haya de la Torre an Peru<br />

auszuliefern, verneinte der IGH aber ausdrücklich. 140<br />

Nach der Auffassung des IGH enthält die Gewährung diplomatischen Asyls<br />

gr<strong>und</strong>sätzlich eine Beeinträchtigung der Souveränität des Territorialstaates: 141 „Im Falle<br />

des diplomatischen Asyls befindet sich der Flüchtling auf dem Territorium des Staates, in<br />

dem das Delikt begangen wurde. Hier enthält die Entscheidung, diplomatisches Asyl zu<br />

gewähren, zugleich eine Beeinträchtigung der Souveränität dieses Staates. Sie entzieht den<br />

Beschuldigten der Gerichtsbarkeit des Territorialstaates <strong>und</strong> stellt einen Eingriff in<br />

Angelegenheiten dar, die ausschließlich zur Kompetenz dieses Staates gehören. Eine<br />

solche Beeinträchtigung der territorialen Souveränität kann nicht anerkannt werden, wenn<br />

nicht ihre gesetzliche Gr<strong>und</strong>lage <strong>im</strong> einzelnen Fall vorhanden ist.“ Die Praxis des<br />

133 C.I.J. Recueil 1950, S. 275 ff.<br />

134 C.I.J. Recueil 1950, S. 281.<br />

135 C.I.J. Recueil 1950, S. 284.<br />

136 C.I.J. Recueil 1950, S. 277 f.<br />

137 Vgl. auch Kitschenberg, S. 7.<br />

138 C.I.J. Recueil 1950, S. 281.<br />

139 So der IGH <strong>im</strong> Fall Haya de la Torre, C.I.J. Recueil 1951, S. 80.<br />

140 C.I.J. Recueil 1951, S. 82 f.<br />

141 C.I.J. Recueil 1950, S. 274 f., Übersetzung durch Kitschenberg, S. 2 f.<br />

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