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Kirchliches Asylrecht und Kirchenasyl im demokratischen Rechtsstaat

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Das Gemeinsame Wort der Kirchen zu den Herausforderungen durch Migration <strong>und</strong><br />

Flucht (1997) gibt unter der Überschrift: Hilfe <strong>und</strong> Schutz bedrohter Menschen <strong>im</strong><br />

Einzelfall („<strong>Kirchenasyl</strong>“) eine definitionsartige Umschreibung dessen, was unter<br />

<strong>Kirchenasyl</strong> verstanden werden kann: 144 „Immer wieder kommt es vor, daß Kirchengemeinden<br />

Flüchtlinge <strong>und</strong> Asylbewerber vorübergehend in kirchlichen Räumen aufnehmen, um sie vor einer<br />

drohenden Abschiebung zu schützen. Nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel durch die Betroffenen sehen<br />

manche in der Gewährung eines solchen „<strong>Kirchenasyl</strong>s“ häufig die letzte Möglichkeit, um in einem<br />

konkreten Einzelfall Menschenrechtsverletzungen zu vermeiden <strong>und</strong> eine drohende Gefahr für Leib <strong>und</strong><br />

Leben <strong>im</strong> Rückkehrland abzuwenden. Die Bemühungen der Zuflucht gewährenden Kirchengemeinden<br />

sind dabei regelmäßig darauf gerichtet, bei den verantwortlichen Stellen eine erneute Überprüfung des<br />

Falles unter Berücksichtigung aller in Betracht zu ziehenden rechtlichen, sozialen <strong>und</strong> humanitären<br />

Gesichtspunkte zu erreichen sowie eine Aufhebung der Abschiebeentscheidung zu erwirken.“<br />

„<strong>Kirchenasyl</strong> ist die zeitlich befristete Aufnahme von Flüchtlingen in den Räumen<br />

einer Kirchengemeinde, dessen ausschließliche Absicht darin besteht, Schutz vor<br />

Abschiebung zu gewähren, um dadurch inhumane <strong>und</strong> menschenrechtswidrige Härten<br />

für die betroffenen Menschen zu vermeiden, oder um sie vor Gefahr für Leib <strong>und</strong> Leben<br />

<strong>im</strong> Rückkehrland zu bewahren.“ 145<br />

Es geht darum, Zeit <strong>und</strong> Raum zu gewinnen, um mit den Behörden Lösungen zu<br />

finden für Schutzsuchende, die an Leib <strong>und</strong> Leben bedroht sind. 146<br />

Die Gewährung von <strong>Kirchenasyl</strong> verschafft den Flüchtlingen befristeten Schutz vor<br />

der drohenden Abschiebung in Länder, wo ihr Leben nach Auffassung der Pfarrgemeinde<br />

in höchstem Maße gefährdet wäre; mit Hilfe von Verhandlungen <strong>und</strong> dem möglichen<br />

Konsens der Öffentlichkeit soll dadurch eine humane Lösung zu erreichen versucht<br />

werden. 147 Aus der Sicht der <strong>Kirchenasyl</strong> Gewährenden droht dem Ausländer i.d.R. bei<br />

einer Abschiebung in sein He<strong>im</strong>atland Gefahr für Leib <strong>und</strong> Leben. Ziel der<br />

vorübergehenden Aufnahme in kirchlichen Räumen ist es, eine weitere Überprüfung des<br />

Falles durch staatliche Behörden zu erreichen. 148<br />

In aller Regel geht die Initiative für ein <strong>Kirchenasyl</strong> von den Nichtdeutschen aus, die<br />

eine Gewährung von <strong>Kirchenasyl</strong> erbitten, nicht hingegen von der jeweiligen<br />

Kirchengemeinde.<br />

Die Unterbringung der Flüchtlinge geschieht nur in den allerwenigsten Fällen <strong>im</strong><br />

Kirchengebäude selbst. Meist findet sie in Pfarrhäusern oder sonstigen Räumlichkeiten in<br />

der Nähe eines Kirchenraumes statt. Der Begriff des <strong>Kirchenasyl</strong>s ist daher in der<br />

144 Kirchenamt der Evangelischen Kirche in Deutschland/Sekretariat der Deutschen Bischofskonferenz (Hrsg.),<br />

Gemeinsames Wort, Nr. 255, S. 98 f.<br />

145 Quandt, <strong>Kirchenasyl</strong> - Ein praktischer Wegweiser für Gemeinden, in: Just (Hrsg.), Asyl von unten, S. 193<br />

ff., 194 f.<br />

146 Landesbischof Klaus Engelhardt in seinem Bericht zur Lage auf der Frühjahrstagung der Landessynode der<br />

Evangelischen Landeskirche in Baden am 25.4.1994.<br />

147 Rauchwarter, S. 48.<br />

148 Klein, <strong>Asylrecht</strong> in Frankreich <strong>und</strong> Deutschland - Ein Vergleich, S. 89.<br />

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